Enzyme wie Proteasen und Amylasen spielen eine wichtige Rolle in deinem Brotteig, indem sie das Gluten-Netzwerk gezielt auflockern oder unterstützen und gleichzeitig den Gärprozess beeinflussen. Was Enzyme sind, was sie im Brot so anstellen und wieso du hier Bescheid wissen solltest, wenn du selber Brot backen willst, liest du hier.
Als Hobbybäcker musst du nicht jedes Detail der Chemie verstehen, aber ein kleines bisschen Wissen über die Enzyme in deinem Teig kann dir helfen, ein noch besseres Brot zu backen:
Die wichtigsten Enzyme: Proteasen und Amylasen und das Brotbacken
Neben Proteinen (wie Glutenin und Gliadin) spielen Enzyme eine entscheidende Rolle bei der Teigentwicklung. Enzyme sind natürliche Katalysatoren, die in deinem Teig chemische Reaktionen in Gang setzen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Bei den Enzymen sind vor allem Proteasen und Amylasen entscheidend.
Proteasen erklärt
Diese Enzyme bauen Proteine ab, auch das Gluten. Wenn man sagt, dass Proteasen die Proteine und das Gluten „abbauen“, bedeutet das, dass diese Enzyme die langen Ketten der Proteine in kleinere Bruchstücke zerlegen.
Stelle dir Proteine als lange Perlenketten vor. Proteasen sind wie kleine Scheren, die diese Ketten an bestimmten Stellen durchschneiden. Da Gluten aus den Proteinen Glutenin und Gliadin besteht, werden auch diese durch Proteasen abgebaut. Die langen Glutenstränge in deinem Teig werden in kürzere Fragmente zerlegt. Je länger die Enzymatik an den Glutensträngen arbeitet, desto schwächer wird der Teig.
In geringen Mengen, in kurzen Zeiträumen oder bei wenig Aktivität tragen Enzyme sie dazu bei, den Teig geschmeidiger und dehnbarer zu machen (ein sehr straffer Teig kann so zB dehnbarer werden und wie ein Ballon luftig „aufgeblasen“ werden). Allerdings kann zu viel Aktivität der Proteasen das Glutengerüst schwächen, was zu einem Teig führt, der seine Form nicht mehr gut hält. Der Teig wird dann schwach und hat Probleme das Gas beim Aufgehen oder Backen zu halten.
Woher kommen die Proteasen im Teig?
Ein Teil der Proteasen ist bereits von Natur aus im Mehl vorhanden. Die Menge variiert je nach Getreidesorte und Mahlverfahren. Hefe produziert ebenfalls Proteasen während der Fermentation. Diese tragen zur Reifung des Teigs bei. Auch Bakterien im Teig, insbesondere bei Sauerteigbroten, produzieren Proteasen. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des Geschmacks und der Textur.
Wie wirken Proteasen im Teig?
In geringen Mengen wirken Proteasen positiv auf den Teig: Sie lockern das Glutengerüst, indem sie einige der Verbindungen zwischen den Glutenproteinen aufbrechen. Dadurch wird der Teig dehnbarer und lässt sich besser verarbeiten. Zu starke Mehle brauchen diese Teiglockerung, damit am Ende überhaupt ein gut dehnbarer Teig möglich wird. Ansonsten würde der durch das Glutenin sehr straffe Teig nicht voluminös werden können (zB für Brote wie Ciabatta oder für die Open Crumb).
Ausserdem setzen Proteasen Aminosäuren frei, die als Nahrung für die Hefe dienen und so die Gärung fördern. Und schlussendlich tragen sie zur Geschmacksentwicklung bzw. Bildung von Aromastoffen bei, die den Geschmack des Brotes komplexer machen.
Was passiert bei zu hoher Proteaseaktivität?
Wenn die Protease-Aktivität zu hoch ist, kann das Glutengerüst übermäßig geschwächt werden. Die Folgen sind:
- Der Teig verliert seine Elastizität und wird klebrig (weil das Glutennetzwerk löchrig und schwach wird).
- Das Glutengerüst kann die beim Backen entstehenden Gase nicht mehr halten, wodurch das Brot wenig Volumen hat (auch hier, weil das Glutennetzwerk nicht mehr stabil und nicht mehr ausreichend engmaschig ist).
- Die Krume wird dicht und ungleichmäßig und evtl. „klitschig“ (weil auch Luft und CO2 nicht mehr gehalten werden können).
- Im schlimmsten Fall kann das Brot während des Backens zusammenfallen.
Beispiel für ein zu lange gereiftes Brot mit abgebautem Teiggerüst:
Wie kann man die Proteaseaktivität beeinflussen?
- Salz hemmt die Aktivität von Proteasen. Der Teig baut weniger schnell ab.
- Ein saurer Teig (z. B. durch Sauerteig) hemmt ebenfalls die Proteaseaktivität. zB bei Roggenteigen sehr wichtig.
- Hohe Temperaturen inaktivieren die Enzyme. Also zB beim Backen.
- Je länger der Teig reift, desto stärker wirkt sich die Protease-Aktivität aus. Durch kürzere Reifung (zB mit mehr Triebmittel wie Hefe oder Sauerteig) kann der enzymatische Abbau begrenzt werden allein durch den zeitlichen Faktor.
Beim Salzsauer wird Roggensauer mit etwas Salz bezüglich Enzymatik gehemmt. Hier ein Brot mit Monheimer Salzsauer:
Proteasen: Unterschiede zwischen Weizen und Roggen
Sowohl Weizen- als auch Roggenteige enthalten Proteasen, also Enzyme, die Proteine abbauen. Allerdings gibt es wesentliche Unterschiede in Bezug auf die Menge und die Auswirkungen dieser Enzyme. Roggenteige unterscheiden sich grundlegend von Weizenteigen, da die im Roggen enthaltenen Proteine kein elastisches Glutennetzwerk bilden (eher einen Schaum, produziert durch Pentosane/Schleimstoffe). Dennoch spielt die Proteaseaktivität auch hier eine Rolle – allerdings auf andere Weise:
- Roggen: Roggenmehl enthält deutlich mehr Proteasen. Da Roggenproteine kein Gluten bilden können, ist die Struktur des Roggenteigs stark von anderen Faktoren abhängig, insbesondere von den Pentosanen (Schleimstoffen) und der Säuerung. Eine zu hohe Proteaseaktivität kann auch hier dazu führen, dass wichtige Proteine, die zur Wasserbindung und Stabilisierung des Teiges beitragen, abgebaut werden. Das macht den Teig noch klebriger und instabiler. Auch in Roggenteigen kann ein übermäßiger Proteinabbau zu einer dichten und ungleichmäßigen Krume führen.
- Weizen: Weizenmehl enthält weniger Proteasen als Roggenmehl. Die Protease-Aktivität ist in Weizenteigen daher weniger kritisch, da Weizenproteine (Glutenin und Gliadin) ein stabiles Glutengerüst bilden, das nicht so leicht durch Proteasen abgebaut wird. D.h. Protease-Aktivität hat nicht die gleiche Teig-schwächende Auswirkung bei einem Weizenteig wie bei einem Roggenteig, weil schlichtweg mehr und stärkeres Gluten (Klebereiweiß) vorhanden ist.
Beispiel für einen Roggenteig. Man erkennt deutlich die schwächere Struktur…
…als bei einem Weizenteig:
Die Konsequenzen für die Teigführung:
- Weizen: Bei Weizenteigen ist es weniger wichtig, die Protease-Aktivität gezielt zu steuern. Eine normale Knetzeit und eine angemessene Teigführung reichen in der Regel aus, um ein gutes Glutengerüst zu entwickeln und das ist meist stark genug, um mit der Enzymatik zurecht zu kommen. Es sei denn die Reifezeit wird beispielsweise zu weit ausgedehnt.
- Roggen: Bei Roggenteigen ist die Kontrolle der Protease-Aktivität entscheidend. Dies wird hauptsächlich durch die Säuerung des Teigs erreicht. Durch die Zugabe von Säure (z. B. durch Sauerteig) wird die Protease-Aktivität gehemmt und die Stabilität des Teigs verbessert. Ohne Säuerung würde der Roggenteig zu stark abgebaut, klebrig werden und beim Backen zusammenfallen. Hier führt die Enzymatik viel schneller zum Abbau des schwachen Teigs.
Proteasen zusammengefasst:
Proteasen sind wie kleine Scheren, die die Glutenstränge lockern. Das macht den Teig dehnbarer und geschmeidiger. Salz ist dein Freund! Es bremst die Protease-Aktivität. Vergiss also nicht, genug Salz in deinen Teig zu geben (ca. 2-2,5% der Mehlmenge). Wenn du mit Sauerteig backst, hast du einen natürlichen Protease-Hemmer an Bord. Die Säure im Sauerteig sorgt dafür, dass die Proteasen nicht übertreiben. Vor allem bei Roggen wichtig. Lass deinen Teig nicht zu lange gehen, sonst werden die Proteasen überaktiv und dein Teig wird klebrig und verliert seine Form. Nutze notfalls mehr Triebmittel für kürzere Reifezeiten. Ein bisschen Protease-Aktivität sorgt für einen geschmeidigen Teig, der sich gut verarbeiten lässt und eine tolle Krume entwickelt. Vor allem bei backstarken Mehlen wichtig für luftige Brote.
Amylasen erklärt
Amylasen bauen die im Mehl enthaltene Stärke in kleinere Zuckerbausteine wie Maltose und Glukose ab. Diese Zucker dienen sowohl als Nahrung für Hefen als auch für Milchsäurebakterien. Beide Mikroorganismen nutzen diese Zucker, um Energie zu gewinnen und Stoffwechselprodukte zu erzeugen, die den Geschmack und die Textur des Teiges beeinflussen.
- Hefen: Hefen vergären die Zucker hauptsächlich zu CO2 (das den Teig aufgehen lässt) und Ethanol (Alkohol, der beim Backen verdampft).
- Milchsäurebakterien: Milchsäurebakterien vergären die Zucker hauptsächlich zu Milchsäure und Essigsäure. Diese Säuren senken den pH-Wert des Teiges, was die Aktivität von Enzymen beeinflusst, das Glutennetzwerk stärkt und den typischen säuerlichen Geschmack des Sauerteigs erzeugt.
Amylasen: Unterschiede zwischen Weizen und Roggen
Sowohl Weizen- als auch Roggenteige enthalten Amylasen, also Enzyme, die Stärke abbauen. Allerdings gibt es wesentliche Unterschiede in Bezug auf die Menge und die Auswirkungen dieser Enzyme:
- Weizen: Weizenmehl enthält im Allgemeinen weniger Amylasen als Roggenmehl. Eine übermäßige Amylase-Aktivität ist in Weizenteigen seltener ein Problem, da das stabile Glutengerüst die Teigstruktur auch bei einem gewissen Stärkeabbau noch gut stützen kann.
- Roggen: Roggenmehl enthält deutlich mehr Amylasen. Roggen enthält wenig Kleberprotein, und seine Backfähigkeit hängt stark vom Stärkeabbau ab. Ohne ausreichende Säuerung (durch Sauerteig) würden die aktiven Amylasen die Stärke zu stark abbauen, sodass das Brot nicht mehr seine Struktur behält (Verkleisterung wird verhindert, das Brot bleibt klebrig), was zu einer feuchten, instabilen Krume führt.
Amylasen zusammengefasst
Amylasen wandeln Stärke in Zucker um, der die Hefe und Milchsäurebakterien füttert. Außerdem sorgen die Zucker für eine schöne, braune Kruste. Amylasen lieben Wärme. Halte deinen Teig während der Gärung nicht zu warm, sonst werden sie überaktiv und bauen zu viel Stärke ab. Teigtemperaturen zwischen 22 und 28 Grad sind ideal (bei Roggen auch bis 32 Grad gerade noch OK). Roggenmehl enthält mehr Amylasen als Weizenmehl. Bei Roggenteigen ist es besonders wichtig, die Temperatur im Auge zu behalten und gegebenenfalls mit Säure (Sauerteig) zu arbeiten und die Reifezeit kurz zu halten.
Brotfehler durch zu viel Enzymatik im Mehl erklärt
Wenn bei Brotfehlern der Verdacht besteht, dass das Mehl eine zu hohe Enzymaktivität aufweist, bezieht sich das meist auf eine übermäßige Wirkung der Amylasen. Diese Enzyme bauen die im Mehl enthaltene Stärke zu schnell in Zucker um – ein Prozess, der weitreichende Folgen für den Teig hat.
Auswirkungen einer zu hohen Enzymaktivität
- Klebrige Krume:
Der schnelle Abbau von Stärke führt zu viel Zucker, der vermehrt Wasser bindet. Dies resultiert in einer feuchten und klebrigen Krume. Die Teigstabilität lässt durch Stärkeabbau merklich ab, was den Effekt noch verstärkt. - Geringes Volumen:
Stärke ist essenziell für die Brotstruktur und stabilisiert durch Verkleisterung den Teig. Wird zu viel abgebaut, verliert das Brot an Volumen und wird flach. - Dunkle, klebrige Kruste:
Überschüssiger Zucker karamellisiert im Ofen rasch, was zu einer ungewöhnlich dunklen und klebrigen Kruste führen kann. - Zusammenfallen des Brotes:
In extremen Fällen schwächt der intensive Stärkeabbau das Glutennetz so weit ab, dass der Teig im Ofen zusammenfallen kann.
Typische Anzeichen einer zu starken Enzymaktivität
- Klebriger Teig:
Der Teig ist nach dem Kneten sehr klebrig und schwer zu verarbeiten. - Schnelles, aber instabiles Aufgehen:
Der Teig geht zwar rasch auf, verliert aber auch schnell wieder an Volumen. - Feuchte, gummiartige Krume:
Das fertige Brot weist eine feuchte, klebrige und gummiartige Krume auf. - Ungewöhnlich dunkle, klebrige Kruste:
Die Kruste erscheint dunkel und glänzt klebrig. - Flaches, kompaktes Brot:
Insgesamt wirkt das Brot flach und kompakt, statt luftig und locker zu sein. Wenngleich das auch ein Hinweis auf Übergare sein kann.
Maßnahmen zur Eindämmung der Enzymaktivität
- Säuerung:
Der Einsatz von Sauerteig senkt den pH-Wert und hemmt so die Amylase-Aktivität. Vor allem bei Roggenteigen essentiell. - Salzzugabe:
Eine leichte Erhöhung des Salzgehalts im Teig kann die Enzymaktivität reduzieren. So kann zB der Monheimer Salzsauer eine gute Option für Roggenbrote sein. - Kürzere Garezeiten:
Verkürzte Gärzeiten geben den Enzymen weniger Zeit, um die Stärke abzubauen. Mehr Triebmittel für eine schnellere Fermentation kann die Enzymatik im Zaum halten. Also ein höherer Sauerteiganteil oder eine Zugabe von extra Hefe. Lange Reifezeiten sind nur bei backstarken Mehlen mit viel Gluten sinnvoll (also eher bei weizenlastigen Broten). - Mehlmischung:
Das Mischen von Mehlen mit bekanntermaßen niedrigerer Enzymaktivität kann hilfreich sein. - Falling Number Test:
Informationen zur Enzymaktivität des Mehls erhältst du über den Falling Number Test beim Mühlenbetrieb. Allerdings bietet das nicht jede Mühle an und die Info erhältst du selten, wenn du im Supermarkt Mehle kaufst.