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Mein Sauerteig-Ansatz wächst nicht mehr, was kann ich tun?

Die wohl größte Hürde für Sauerteig-Beginner ist das Ansetzen des Sauerteig-Starters ansich. Gerade in der ganz jungen Phase des Ansatzes stockt manchmal das Wachstum des Sauerteigs. Woran kann das liegen? Ich erkläre es dir hier.

Vor ein paar Jahren habe ich eine Anleitung für den Ansatz eines Sauerteigs hier veröffentlicht, den ich selbst schon mehrmals erfolgreich durchgeführt habe. Ein einfacher Weg, um in 5 Tagen einen Sauerteig-Starter anzusetzen, mit dem mehr oder weniger direkt ein Brot gebacken werden kann. 

Ab und zu kriege ich Nachrichten von Verzweifelten, die trotz der recht einfachen Anleitung (oder auch wenn sie nach anderen Anleitungen gearbeitet haben) immer wieder an einen Punkt kommen, an dem der Sauerteig-Ansatz nicht mehr weiter wachsen bzw. sich weiterentwickeln will. Zuerst läuft alles gut, der Sauerteig vergrößert sich nach kürzester Zeit, aber dann hört er von jetzt auf gleich auf zu wachsen, noch bevor das erste Brot gebacken wurde. Woran kann das liegen?

Die Gründe für Sauerteig-Ansatz-Probleme sind vielfältig

Gleich vorweg: Ich kann dir nicht sagen, woran es liegt, dass dein Sauerteig-Ansatz sich plötzlich nicht mehr volumentechnisch vergrößert und scheinbar inaktiv wird. Das wird dir leider niemand direkt sagen können. Weil es nicht nur einen, sondern diverse mögliche Gründe geben kann. Ich werde dir hier aber die häufigsten Ursachen dafür nennen, wieso dein frischer Sauerteig-Ansatz Probleme macht und wie du sie hoffentlich lösen kannst. Zuvor aber ein ganz kleiner Exkurs (der wichtig ist, wenn du wissen willst, wieso dein Sauerteig-Ansatz vielleicht Schwierigkeiten macht), wie ein Sauerteig überhaupt funktioniert und was zusammenspielen muss, damit ein Sauerteig-Ansatz funktionieren kann:

So wird aus Wasser und Mehl ein frischer Sauerteig-Ansatz

Ein Sauerteig-Starter entsteht durch die spontane Fermentation von Mehl und Wasser: Was bedeutet das? In Mehl sind von Natur aus wilde Hefen und Milchsäurebakterien vorhanden, die sich unter den richtigen Bedingungen vermehren.

  • Beim Ansetzen beginnt zunächst eine generelle bakterielle Aktivität, oft mit gasbildenden, aber unerwünschten Mikroorganismen. Diese sterben später ab und werden verdrängt, wenn der pH-Wert sinkt.
  • Über die Zeit übernehmen Milchsäurebakterien das Kommando: Sie senken den pH-Wert weiter und schaffen ein saures Milieu in deinem Sauerteig-Ansatz, das schädliche Keime unterdrückt und Hefen und den Milchsäurebakterien ideale Bedingungen bietet.
  • Die Hefen vermehren sich parallel und sorgen für die CO₂-Produktion, die den Starter aufgehen lässt. Über die Zeit etablieren sich die Hefen neben den Milchsäurebakterien.

Milchsäurebakterien sorgen für Säure (Geschmack, Schutz) und Hefen für Triebkraft (Auflockerung). Damit der Prozess funktioniert, sind vor allem regelmäßiges Füttern, die richtige Temperatur und Zeit entscheidend (neben einigen anderen Faktoren, die ich dir hier aufliste).

Ursachen warum ein frischer Sauerteig-Ansatz plötzlich nicht mehr wächst

Du liest schon in der Beschreibung, wie ein Sauerteig entstehen kann, worauf es ankommt: Das perfekte Verhältnis von Milchsäurebakterien zu Hefen und vor allem, dass Hefen überhaupt entstehen. Denn: Ohne die Hefen geht dein Sauerteig nicht auf (weil vor allem die Hefen das Gas im Sauerteig produzieren). Da kann der Sauerteig sauer sein wie er will…solange die Hefen nicht in ausreichender Menge vermehrt und aktiv sind, geht nix voran. Und weil das Gebilde recht schwach und empfindlich ist, sind es Feinheiten, die über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Die häufigsten Probleme beim Ansatz:

 

Temperaturprobleme

Bei zu niedrigen Temperaturen in deinem Sauerteig-Ansatz und/oder dem Raum verlangsamt sich die Gärung in deinem Sauerteig-Ansatz deutlich. Alles dauert länger, wenn es denn überhaupt funktioniert.

Lösung:

Halte deinen Sauerteig ansich und auch den Ort an dem er reift in angenehmen Temperaturbereichen. Der Sauerteig selbst sollte 23-28 warm sein und der Ort an dem er reift auch. Nutze einfach etwas wärmeres Wasser (so wie in meiner Anleitung angegeben), damit der Sauerteig schon entsprechend temperiert ist. Nur so kann Aktivität entstehen.


Mangel an wilden Hefen

Manchmal dominieren Milchsäurebakterien den Ansatz zu stark, und die Hefen haben noch nicht genug Zeit gehabt, sich zu entwickeln. Das ist oft die Ursache, wenn dein Sauerteig sich zuerst prächtig entwickelt hat, dann aber plötzlich stagniert.

Lösung:

Eine kleine Menge Roggenvollkornmehl oder frisch gepressten Bio-Apfelsaft zur nächsten Fütterung hinzufügen. Das bringt mehr wilde Hefen ins Spiel. Generell empfiehlt es sich immer mit Vollkornmehl zu starten!


Zu junger Ansatz (Unreife)

In den ersten Tagen dominieren oft Milchsäurebakterien, bevor Hefen sich etablieren (können).

Lösung:

Geduld! Ein Starter benötigt 5–14 Tage, um stabil aktiv zu werden. Sollte sich ab dem 5. Tag allerdings gar nichts mehr bewegen, würde ich immer neu anfangen.


Überwässerung oder falsche Konsistenz

Ein zu dünner Ansatz kann Gase nicht halten. Verwendest du doch kein Vollkornmehl oder ein schwaches Mehl, kann es sein, dass dein Sauerteig-Ansatz sehr flüssig ist. Wenn er sehr flüssig ist, dann kann er das Gas schlechter halten und entsprechend weniger Volumen aufbauen.

Lösung:

Wenn dein Sauerteig-Ansatz sehr weich ist, nimm weniger Wasser. Gehe zum Beispiel auf 80% Wasseranteil zum Mehl.


Zu wenig Zeit zwischen den Fütterungen

Problem: Wenn der Ansatz zu früh gefüttert wird, bevor die Mikroorganismen sich ausreichend vermehrt haben, kann das Wachstum gestört werden. Es ist fatal, wenn du fütterst, obwohl dein Ansatz nicht schon am Höhepunkt ist. Das stresst die Mikroorgansimen und lässt sich nach und nach schwächer werden (weil sie durch den neuen Ansatz zudem noch anteilsmäßig im Teig ausgedünnt werden (also immer weniger Hefen pro Gramm Sauerteig-Ansatz)).

Lösung:

Die nächste Fütterung hinauszögern, bis der Ansatz sichtbare Blasen und eine leicht gewölbte Oberfläche zeigt. Sobald der Ansatz beginnt zusammenzufallen, ist er allerdings schon etwas zu weit. Einfach mal das Glas auf den Tisch klopfen. Wenn er dann noch stabil mit Wölbung ist, ist er bereit für die nächste Fütterung (weil dann auch entsprechend gut vermehrt Hefen vorhanden sind).


Zu viel oder zu wenig Sauerstoff

Sauerteig braucht Sauerstoff für das Wachstum der Hefen, aber zu viel kann unerwünschte Mikroben begünstigen.

Lösung:

Ein Glas mit lose aufgelegtem Deckel oder ein Gummiband über ein Bienenwachstuch oder einen Gummi-Überzug verwenden, um ein gutes Milieu zu schaffen. Oder noch besser du verwendest spezielle Starter-Sets für die Sauerteig-Zucht (*Amazon-Partnerlink). Schlecht wäre es, wenn du gar keine Abdeckung verwendest.


Das falsche Mehl

Helles Weizenmehl hat oft zu wenig Nährstoffe für die ersten Tage. Verwende daher immer Vollkornmehl für einen frischen Ansatz. Wenn du die Wahl hast, starte übrigens am besten mit Roggenvollkornmehl. Selbst wenn du später einen Weizensauerteig führen willst, kannst du mit Roggensauer starten und dann später umzüchten. Das geht meist leichter und problemloser.

Lösung:

Roggenvollkornmehl oder zumindest Weizenvollkornmehl nutzen, bis der Sauerteig stabil ist. Dann umstellen auf helleres Mehl.


Schimmel oder unerwünschte Bakterien haben sich durchgesetzt

Ein unangenehmer Geruch nach Schimmel, Fäulnis oder beißender Essig kann darauf hinweisen, dass der Ansatz gekippt ist.

Lösung:

Falls der Geruch sehr unangenehm ist oder sich farbige Flecken zeigen, lieber neu starten. 


Ungünstige Umgebungsbedingungen

Für den Sauerteig-Ansatz braucht es perfekte Bedingungen, ansonsten setzen sich vor allem die falschen Mikroorganismen durch. Wenn du immer wieder Probleme damit hast, starte bzw. prüfe die Basics:

  • Anderes Mehl verwenden (ausschließen, dass das Mehl ursächlich ist)
  • Anderes Wasser verwenden (sicher ist sicher)
  • Frisches Glas und Rührlöffel verwenden (Hygiene ist Grundvoraussetzung für Sauerteig)

Ich glaube, mein Sauerteig-Starter ist gestorben. Ist er wirklich tot?

Es ist ganz normal, dass die Aktivität irgendwann während der ersten Tage der Sauerteig-Entwicklung nachlässt – das gehört dazu. Die starke Aktivität zu Beginn entsteht durch eine andere Art von Bakterien, die sich zunächst vermehren, aber später von den gewünschten Milchsäurebakterien verdrängt werden. Füttere deinen Starter weiter und entsorge einen Teil davon, so wie ich es in meiner Anleitung zur Starter-Erstellung erkläre. Mit der Zeit wird das Gemisch saurer (der pH-Wert sinkt), wodurch unerwünschte Bakterien absterben und die für uns nützlichen Hefen und Milchsäurebakterien die Oberhand gewinnen.

Ich folge deiner Anleitung zur Starter-Erstellung, aber nichts passiert. Woran liegt das?

Das häufigste Problem, das ich beobachte, sind zu niedrige Temperaturen. Es ist einfacher, einen Sauerteig-Starter zu entwickeln, wenn du ihn warm hältst. Kühle Temperaturen (unter 20-21 °C) verlangsamen den Prozess erheblich, während wärmere Temperaturen (etwa 24-28 °C) ihn beschleunigen. Versuche, einen warmen Platz in deiner Küche zu finden und verwende lauwarmes Wasser zum Füttern. Denke an die Faustformel: 5 Grad wärmer halbiert die Reifezeit von Sauerteigen und umgekehrt. 

Alternative: Sauerteig von anderen fortführen

Ich habe ganz zu Beginn meiner Heimbäcker-„Karriere“ mit fremdem Sauerteig begonnen und diesen einfach weitergeführt. Wenn es dir nicht darum geht eine besondere Beziehung zu deinem Sauerteig aufzubauen, indem du ihn quasi selbst ins Leben gesetzt hast, kannst du diesen vereinfachten Weg gehen. Entweder du kaufst einen, fragst in deiner Bäckerei ums Eck oder in der Verwandtschaft oder bei Freunden herum. Du liest hier Infos, wo du fremde Sauerteige kaufen kannst. Auf jeden Fall besser als aufzugeben und gar keinen Sauerteig zu nutzen.

Praxistipps für den Ansatz und Fazit

  • Messgenauigkeit: Immer mit Waage arbeiten – Volumenangaben (Tassen oder ml) sind unzuverlässig.
  • Beobachtung: Starterhöhe mit Gummiband markieren, um Volumenänderungen zu tracken.
  • Notfallmaßnahme: Bei Schimmel oder rosa Verfärbung Starter entsorgen und neu beginnen

Am Ende ist es so: Hygiene und Zutaten in entsprechender Temperatur und Umgebung müssen passen, damit die natürliche Fermentation stattfinden kann in deinem frischen Sauerteig-Ansatz. Meist sind es die hier genannten Ursachen, die deinem Sauerteig-Ansatz Probleme bereiten. Wenn du merkst, dass nach ein paar Tagen nichts mehr geht, dann starte einfach neu (idealerweise mit Änderungen an der Vorgehensweise), bevor du dich lange ärgerst.

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Über mich

Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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