Wie finde ich heraus, ob mein Sauerteig reif ist, den ich vor ein paar Stunden angesetzt habe? Zum Beispiel durch den sogenannten „Schwimmtest“. Aber funktioniert er wirklich und wann ist er zuverlässig und wann nicht?
Was ist der Sauerteig-Schwimmtest?
Wenn du mit Sauerteig arbeitest und damit gerade erst anfängst oder dich verbessern möchtest bei der Beurteilung von Reifezuständen wirst du auf der Suche nach Tipps häufig auf den sogenannten „Schwimmtest“ stoßen. Durch ihn soll der optimale Reifezustand einfach und sicher bestimmt werden können, indem Sauerteig in Wasser gegeben und beobachtet wird, ob der Teig an der Wasseroberfläche schwimmt oder nicht.
Wie wird der Schwimmtest durchgeführt?
Du nimmst ein Glas Wasser (am besten Zimmertemperatur) und packst dort einen Teelöffel deines Sauerteigs hinein. Schwimmt der Sauerteig oben und bleibt dort ein paar Sekunden an der Oberfläche, ist er ausreichend reif und aufgegangen und kann verwendet werden. Der Schwimmtest ist somit bestanden. So sieht ein erfolgreicher Schwimmtest aus:
Sinkt er hinab ist er nicht im optimalen Reifezustand und kann, je nach Reifegrad, entweder noch nicht reif genug oder schon überreif sein. Und so sieht es aus, wenn der Sauerteig-Schwimmtest fehl schlägt (weil der Sauerteig in diesem Fall noch nicht reif genug ist):
Wieso funktioniert der Schwimmtest beim Sauerteig?
Das Prinzip ist einfach: Bei einem Sauerteig wird über die Zeit ein Teiggerüst aufgebaut (wie bei einem Brotteig) und in den vielen verästelten Glutensträngen können sich Gasbläschen (CO2) verfangen, die die Hefen während der Fermentation produziert haben. Der Sauerteig geht auf und bläst sich dabei auf wie eine Art Luftballon. Wie bei einem Ballon schwimmt der Sauerteig dann nach oben, wenn ausreichend Gas im Teig ist.
Ist noch kein oder zu wenig Gas vorhanden (weil der Sauerteig zu jung ist oder Fermentationsprobleme bestehen) oder ist das Gas durch ein schwaches Teiggerüst schon wieder verflüchtigt (das passiert bei einem überreifen Teig), dann sinkt der Sauerteig nach unten.
Ein Sauerteig der gut aufgeht und schwimmt zeigt an, dass die Hefe-Aktivität ausreichend ist.
Wann der Sauerteig-Schwimmtest nicht funktioniert
So weit so gut, der Schwimmtest funktioniert und kann eine Hilfe sein bei der Beurteilung von Reifezuständen von Sauerteigen. Aber: Wie so oft im Leben ist nicht immer alles Gold was glänzt und das ist auch bei der Zuverlässigkeit des Schwimmtests der Fall. Es gibt Situationen, in denen der Schwimmtest A) nicht funktioniert oder B) zu einer falschen Einschätzung der Lage führt:
Wenn der Sauerteig bereits zu reif ist
Ein zu reifer Sauerteig kann das Gas nicht mehr halten, weil das Glutengerüst bereits abgebaut ist. Die Luft geht ihm also aus und wenn zu wenig Gas im Sauerteig vorhanden ist, schwimmt der Sauerteig nicht. Bist du also zu spät dran mit deinem Test, schlägt er fehl. Dann liegt es an dir zu erkennen, dass der Grund der ist, dass der Sauerteig schon zu reif war. Wenn du fälschlicherweise denkst, der Sauerteig ist noch nicht reif genug, kannst du warten und warten und wieder testen…das Ergebnis wird nicht besser werden, sondern der Teig noch überreifer.
Wenn der Sauerteig eine hohe Hydration hat
Sauerteige die eine sehr hohe Hydration haben (also zB 100% oder mehr Wasser auf die Mehlmenge bezogen), können Gas schlechter halten. Das erkennst du auch daran, dass Sauerteige mit 50-80% Hydration deutlich mehr Volumen zunehmen können als weichere Sauerteige mit 90-120%. Wasser schwächt das Teiggerüst, der Sauerteig kann das Gas nicht gut halten und sich nicht so aufblasen. Der Schwimmtest kann dadurch fehlschlagen und du wirst nicht erkennen, wann dein Sauerteig reif ist. Sauerteige mit hoher Hydration schwimmen ggfs. niemals oben.
Wenn der Sauerteig alt und triebschwach ist
Ein alter Sauerteig, der schlecht gepflegt oder falsch gezüchtet ist, kann unter Umständen wenig Hefeaktivität haben. Wenn der Anteil Milchsäurebakterien sehr hoch ist (also sehr sauer), die Hefeaktivität aber sehr niedrig, entsteht weniger Gas im Teig. Du siehst das später dann im Brot, das schlecht fermentiert ist (außer du hast noch Hefe zugesetzt), aber auch ggfs. beim Schwimmtest. Der Sauerteig wird also nicht so gut aufgehen mit dem Ergebnis eines negativen Schwimmtests.
Wenn der Sauerteig sehr jung und noch nicht triebstark ist
Auch bei einem sehr jungen Sauerteig ist die Hefeaktivität vielleicht nicht gut genug, um den Sauerteig anzutreiben und die nötige Gasproduktion zu gewährleisten, die für einen erfolgreichen Schwimmtest zu sorgen. Sauerteige sollten fit gemacht werden, häufig und zum richtigen Zeitpunkt gefüttert werden. Nur so kann die Hefeaktivität ausreichend gewährleistet sein.
Welche Sauerteig-Arten eignen sich für den Schwimmtest und welche nicht?
Am Ende ist es egal, ob du einen Weizensauerteig, einen Roggensauerteig oder auch einen Lievito Madre führst. Solange der Sauerteig ausreichend Gas enthält, kann er grundsätzlich schwimmen, wenn du das richtige Zeitfenster erwischt.
Sinnvolle Methode für Sauerteig-Einsteiger
Gerade Einsteiger haben Probleme die Reifezustände von Teigen und Sauerteigen zu bestimmen. Das ist es was ich am häufigsten in Kommentaren oder Fragen höre oder lese. Am Ende ist es Erfahrung, die dir ermöglicht, Reifezustände zuverlässig zu erkennen. Über die Zeit musst du keinen Schwimmtest mehr machen, der tatsächlich sehr aufwendig ist. Damit du den richtigen Zeitpunkt für die Verwendung deines Sauerteigs erwischt, musst du ihn nämlich immer wieder dem Schwimmtest unterziehen: Du musst beispielsweise alle 30min den Test durchführen und wenn er dann fehlschlägt richtig einschätzen, wieso…der Sauerteig muss dann nass wieder zurück ins Glas und weiterreifen. Das stört die Fermentation und die Hydration verändert sich.
Dennoch kann es sinnvoll sein, diesen Test ein paar Mal durchzuführen, um ein Gefühl für die Reife an sich zu bekommen und um die anderen Alternativen der Sauerteig-Reife-Erkennung besser einschätzen und lernen zu können. Diese sind:
Alternativen zum Schwimmtest
Mit der Zeit wirst du nicht mehr auf den Schwimmtest zurückgreifen, sondern die einfacheren Methoden durchführen: Riechen, Schmecken und die Optik beurteilen:
Geruch und Geschmack
Ein perfekt reifer Sauerteig riecht leicht säuerlich, doch trotzdem mild und ggfs. etwas fruchtig. Er riecht nie alkoholisch oder streng. Der Geschmack ist süß-säuerlich, aber nie eklig und stechend. Ich persönlich halte immer nur meine Nase ins Glas und kann damit sagen, ob der Sauerteig fertig gereift ist oder nicht. Ein zu reifer Sauerteig wird alkoholischer und stärker säuerlich riechen. Ein noch zu junger Sauerteig entweder nach fast nichts oder noch streng.
Volumenzunahme
Über die Volumenzunahme kannst du in etwa einschätzen, ob der Sauerteig reif ist oder nicht. Die Verdopplung ist nicht unbedingt nötig oder möglich (warum die Verdopplung kein Garant für einen guten Sauerteig ist), aber wenn der Sauerteig aufgegangen und luftig ist und bei Erschütterung nicht in sich zusammenfällt, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Mit der Zeig kannst du (je nach Mehl und Hydration) die Volumenzunahme besser beurteilen. Ein flüssiger Sauerteig nimmt vielleicht nur 50% Volumen zu, ein fester Lievito Madre vielleicht 300%. Alles ist möglich.
Beispiel für einen luftigen Lievito Madre:
Bläschenbildung
Die Bläschenbildung bei nicht ganz so flüssigen Sauerteigen kann dir auf Sicht schon anzeigen, ob dein Sauerteig gereift ist oder nicht. Nicht perfekt, aber zumindest einigermaßen kannst du dadurch sehen, ob die Fermentation gut abgelaufen ist. Die letzte Einschätzung erfolgt dann vor allem olfaktorisch über den Geruchssinn.
Schwimmtest auch bei Hefe-Vorteigen sinnvoll
Übrigens kannst du den Schwimmtest auch bei Hefe-Vorteigen durchführen. Es macht keinen Unterschied, ob Sauerteig im Spiel ist oder nur Hefe. Wenn Hefeteig luftig ist und schwimmt, ist er reif. Hier macht er schon fast mehr Sinn als bei Sauerteig, weil bei Hefeteigen Geruch und Geschmack weniger Aussagekraft sind und weniger prägnante Anzeichen für die Reife.
Fazit
Der Schwimmtest macht Sinn und ist ein guter Weg für Anfänger beim Brotbacken die Reifezustände von Sauerteigen und Hefe-Vorteigen einzuschätzen. Allerdings darf nicht blind darauf vertraut werden, vor allem dann, wenn der Schwimmtest fehlschlägt. Dann gilt es einzuschätzen, WIESO der Schwimmtest fehlgeschlagen ist. Der Aufwand ist einerseits gering, allerdings muss der Schwimmtest ggfs. häufiger durchgeführt werden, was nerven kann. Die anderen Methoden der Reifezustand-Beurteilung sind auf Dauer sinnvoller und sollten erlernt werden.
