Deine Sauerteig-Brote werden irgendwie nicht so fantastisch wie du dir das erhoffst? Das könnte an der Fitness deines Sauerteigs liegen. So kriegst du ihn in wenigen Tagen top fit.
Woran erkenne ich einen schwachen Sauerteig?
Das ist tatsächlich gar nicht so leicht, wenn du nicht damit bäckst. Vor allem beim Backen von Broten, die nur mit Sauerteig angetrieben werden (also keine Hefe), siehst du ob dein Sauerteig schwach und unfit ist. Typische Anzeichen dafür:
- Eine unterentwickelte Krume
- Brotteige gehen nicht so schnell auf
- Der Sauerteig an sich nimmt nur sehr langsam an Volumen zu
- Brote schmecken unausgegoren
Beispiel für ein unterentwickeltes Brot (natürlich geht das noch krasser)
Dagegen ein Brot mit perfekter Fermentation und Krume:
Wenn du dahingegen Brote bäckst mit schöner Krume, einem tollen Ausbund und dein Sauerteig entwickelt sich schnell und prächtig, kannst du diesen Artikel vermutlich wieder getrost schließen.
Anzeichen für einen schwächelnden Sauerteig
Generell kannst du schon mal vermuten, dass dein Sauerteig nicht sehr fit ist, wenn du ihn nur 1x wöchentlich fütterst. Dann kann er nicht „top fit“ sein, sondern maximal OK. Ein nicht zumindest alle 2 Tage gefütterter Sauerteig ist nicht top fit. Ein so richtig richtig top fitter Sauerteig wird täglich oder mehrmals täglich gefüttert (wie in der Bäckerei). Die gute Nachricht für dich:
Für zu Hause brauchst du keinen Sauerteig, der so oft gefüttert und auf Performance getrimmt ist. Ich persönlich füttere meine Sauerteige alle 2 Tage. Und dann gegebenenfalls, je nach Brot, nochmal häufiger beim Ansetzen eines Brots (zB werden bei Roggenbroten Sauerteige oft abends und dann morgens direkt nochmal gefüttert).
Ansonsten könnte dein Sauerteig unfit sein,
- wenn er nicht oder nicht gut riecht
- wenn er bei der Fütterung im Verhältnis 1:2:2 länger als 3-5 Stunden für die Reife benötigt
- wenn er nach ein paar Tagen ohne Fütterung direkt kippt oder schnell Flüssigkeit auf der Oberfläche zeigt
Sauerteig kräftig und triebstarken machen
Es gibt 2 wichtige Stellschrauben, die dir helfen deinen Sauerteig fit zu machen:
- Die Häufigkeit der Fütterung
- Das richtige Timing beim Füttern
Vergiss Anleitungen, bei denen es darum geht auch das Verhältnis von Starter zu Mehl und Wasser zu optimieren, damit der Sauerteig fit wird. Vergiss auch Anleitungen im Netz, die dir weiß machen wollen, dass dein Sauerteig nicht länger als 24 Stunden ohne Fütterung stehen darf. Das ist alles nicht praktikabel für uns heimische BäckerInnen (natürlich etwas anderes, wenn du professionell oder gar gewerblich backen willst) und auch nicht nötig. Wenn du der Meinung bist, dass die Brote, die du hier im Blog siehst, gut aussehen, dann musst du dir darum keine Gedanken machen. Auch nicht darum, welchen PH Wert dein Sauerteig hat. Es geht wirklich nur um die beiden genannten Punkte.
1. Die Häufigkeit der Fütterung deines Sauerteigs
Das A und O der Sauerteig-Stärke ist die Häufigkeit der Fütterungen deines Sauerteigs. Wenn du nur wöchentlich fütterst oder immer nur dann, wenn du bäckst…auch wenn das vielleicht sehr sporadisch ist (mal 2x die Woche, mal alle 2 Wochen)…dann wird dein Sauerteig nicht fit sein. Warum?
Die Nahrung im Sauerteig wurde dann schon längst von den Mikroorganismen verbraucht und verstoffwechselt. Und wenn keine Nahrung mehr vorhanden ist, dann werden Hefen und Milchsäurebakterien inaktiv und auf Dauer sterben sie nach und nach ab. Das bedeutet, dass du immer wieder Nachschub an Nahrung geben musst, damit die Mikroorganismen in deinem Sauerteig zufrieden und kräftig und triebstark sind.
Ich füttere immer alle 2 Tage und dann manchmal am Backtag oder davor ggfs. zusätzlich, wenn das Rezept das so fordert. Das ist in der Regel in 5-6 Minuten erledigt. Dabei füttere ich meist im Verhältnis 1:4:3 oder 1:5:4 (hier abzuwechseln und nicht immer exakt gleich zu füttern ist positiv für die Flora in deinem Sauerteig).
Beispiel Weizensauer
5g Anstellgut
25g Mehl (idealerweise immer das gleiche Mehl)
20g Wasser
Verhältnis: 1:5:4
Beispiel Roggensauer
5g Anstellgut
25g Mehl (idealerweise immer das gleiche Mehl)
25g Wasser (hier nehme ich etwas mehr als beim Weizensauer)
Verhältnis: 1:5:5
Genauere Infos über die Fütterung von Sauerteig liest du hier.
Die Sauerteige (ich führe einen Weizensauer und einen Roggensauer) reifen dann innerhalb von 5-7 Stunden bis zum Peak, also bis sich der Sauerteig nach oben wölbt. Ich rieche dann zwischendurch daran und wenn der Sauerteig merklich mild-fruchtig-säuerlich riecht, ist er für mich fertig gereift. Anschließend kommt er dann in den 4-5 Grad kalten Kühlschrank bis zur Verwendung oder der nächsten Fütterung. Durch die häufigere Fütterung wird dein Sauerteig schneller reifen, weil die Anzahl fitter Hefen größer ist. Während er zu Beginn der Mobilisierung vielleicht noch 7 Stunden gebraucht hat, braucht er später dann bei gleichen Rahmenbedingungen nur noch 5 Stunden.
Im Kühlschrank sollte er dann nicht innerhalb von 24 Stunden komplett einfallen und weich oder flüssig werden, sondern noch Stand haben und idealerweise Luftbläschen zeigen (kommt auf die Hydration im Sauerteig an; bei mir immer ca. 80% bei Weizensauer oder 90 bis 100% bei Roggensauer).
Wenn dein Sauerteig im Kühlschrank bis zur nächsten Fütterung ungefähr so aussieht, ist er noch fit und triebstark.
Wenn ich es mal nicht schaffe tagsüber zu füttern, füttere ich in einem anderen Verhältnis einfach über Nacht. Das ist auch eine gute Abwechslung für die Mikroorganismen.
Beispiel für die Übernacht Fütterung deines Sauerteigs im
3g Anstellgut
30g Mehl
24g Wasser
Reife ca. 10 bis 14 Stunden
Verhältnis 1:10:8
Das richtige Timing beim Füttern von Sauerteig
Neben dem regelmäßigen und häufigeren Füttern deines Sauerteigs hilft dir vor allem eine Sache dabei ihn fit zu bekommen und zu halten: Das Timing! Was meine ich damit? Wenn dein Sauerteig reift, gibt es mehrere Stadien:
- Stadium: junger Sauerteig
- Stadium: reifer Sauerteig (Peak)
- Stadium: überreifer Sauerteig
Vermeide den Sauerteig überreif werden zu lassen
Du solltest vermeiden deinen Sauerteig in den Stadien 1 und 3 zu füttern. Ein Sauerteig wird dann gefüttert, wenn die Nahrung im Sauerteig gerade so aufgebraucht oder kurz davor ist. Ist der Sauerteig schon zu reif (dann ist er meist schon eingefallen, riecht streng oder alkoholisch und wird flüssiger) dann sind die Mikroorganismen ggfs. schon inaktiv geworden oder teilweise abgestorben. D.h. du musst erst die Population erst wieder aufbauen durch das Füttern. Außerdem: Durch Überreife sinkt der pH-Wert zu stark und das kann Hefen unterdrücken und das Anstellgut zu sauer werden lassen.
Das zu späte Füttern kann schon mal passieren und ist dann kein Drama, wenn du richtig weiter fütterst. Aber je und häufiger das passiert, desto triebschwächer und schlechter ist dein Sauerteig. Lasse deinen Sauerteig bis zum Maximum reifen und verarbeite ihn dann, bevor er abbaut und langsam aber sicher zusammenfällt.
Vermeide den Sauerteig zu jung zu füttern
Aber auch das Stadium 1 ist suboptimal. Du solltest deinen Sauerteig nicht füttern, solange er noch jung ist und noch jede Menge Nahrung hat. Wenn du deinen Sauerteig zu früh fütterst, also bevor er seinen Peak erreicht hat, sind die Mikroorganismen – vor allem die Hefen – noch nicht richtig aktiv und haben sich noch nicht ausreichend vermehrt. Dadurch startet die nächste Fermentation mit weniger Power, was zu einem schwächeren Trieb führen kann. Außerdem ist die Säurebildung noch nicht weit genug fortgeschritten, was sich negativ auf Geschmack und die aromatische Balance im Teig auswirkt. Ein zu früh gefütterter Sauerteig kann also zu flachem Aroma und einem Brot mit wenig Ofentrieb führen.
In beiden Fällen geht das Füttern zu früh oder zu spät auf Kosten der Hefen, Hefeaktivität und der Aromatik.
Was ist der „Peak“ beim Sauerteig?
Der Peak ist der Moment, in dem dein Sauerteig sein maximales Volumen erreicht hat – also kurz bevor er wieder in sich zusammenfällt. In dieser Phase ist:
- Die mikrobielle Aktivität (Hefen und Bakterien) auf dem Höhepunkt.
- Die Zellzahl der Mikroorganismen am höchsten.
- Die Triebkraft besonders gut ausgeprägt.
So sieht ein Sauerteig am Peak aus:
oder auch so:
Er sieht nicht so aus (eingefallen, überreif):
Warum Sauerteige erst am Peak füttern?
Maximale Hefezellen bedeuten einen stärkerer Sauerteig. Wenn du erst fütterst, wenn der Sauerteig am aktivsten ist, überträgst du die meisten „fitten“ Mikroben ins neue Futter, der nächste Ansatz startet stärker. Daher führen häufigere Fütterungen auch zu einem stärkeren Sauerteig.
Du gibst den Mikroben genug Zeit, Milchsäure, Essigsäure und Aromastoffe zu entwickeln. Zu frühes Füttern kann das Mikrobenverhältnis durcheinanderbringen (z. B. zu hefelastig, wenig Säure).
Ein Sauerteig, der regelmäßig am Peak gefüttert wird, hat ein verlässliches Fermentationsverhalten – wichtig für gute und wiederholbare Backergebnisse.
Was tun, wenn der Sauerteig extrem schwach und vernachlässigt ist?
Wenn dein Sauerteig sehr schwach ist, dann macht es eventuell Sinn ihn für 4-5 Tage 2x täglich zu füttern im Verhältnis 1:2:2. Dadurch kommen dann mehr Hefen mit in die nächste Fütterungsstufe, die bei sehr schwachen Sauerteigen möglicherweise nur noch in niedriger Zahl vorhanden sind. Wenn der Sauerteig dann langsam aber sicher auf Trab kommt, kannst du erst auf 1x täglich und dann später auf 2x täglich bei einem höheren Verhältnis (wie oben beschrieben z.B. 1:5:4) dauerhaft umstellen.
Beispiel:
Tag 1-3
2x täglich
Verhältnis: 1:2:2
10g Anstellgut
20g Mehl
20g Wasser
Tag 4-5
1x täglich
Verhältnis: 1:2:2
10g Anstellgut
20g Mehl
20g Wasser
ab Tag 6
siehe oben alle 2 Tage
Anzeichen dafür, dass dein Sauerteig fitter wird
Wenn du diese Ratschläge hier befolgst, wirst du schon nach ein paar Tagen feststellen, dass dein Sauerteig fitter wird. Er wird schneller reifen, er wird besser riechen und am Ende im Brot ohne Hefe ausreichend sein für eine schöne Krume und ein tolles Volumen. Anzeichen dafür, dass dein Sauerteig fitter ist:
- Die Verdopplungszeit oder Zeit der starken Volumenzunahme verkürzt sich
- Der Sauerteig riecht am Peak angenehm
- Brotteige reifen in angemessenen Zeiten auf
- Die Krume wird gleichmäßiger und offener
- Das Volumen des Teigs und des Brots werden zuverlässiger und größer
- Die Kruste reißt schöner auf
Am Ende hängt natürlich das Ergebnis deines Brotbackens von noch mehr Faktoren ab und nicht nur vom Sauerteig:
- Eigene Skills beim Erkennen von Teig- und Reifezuständen, Kneten und Aufarbeiten
- Temperaturen
- Mehlqualitäten
- etc.
Aber wenn dein Sauerteig nicht fit ist, kannst du so gut und geübt beim Brotbacken sein wie du willst…das Brot wird nicht perfekt werden. Zumindest dann nicht, wenn du nur mit Sauerteig und ohne Hefe backen willst. Einen schwachen Sauerteig kannst du natürlich auch mit Hefeunterstützung im Brot nutzen und tolle Brote backen. Sogenannte Auffrischbrote sind sehr beliebt und nicht selten die tollsten Brote. Geschmacklich sind aber reine Sauerteigbrote das Nonplusultra.