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Was ist der „Kleber“ beim Mehl und Brotbacken und wieso ist er wichtig?

Immer wieder liest du hier in meinem Blog und auf anderen Websites über das Thema Brotbacken vom sogenannten „Kleber“ in Mehl. Ich erkläre dir hier, was genau dieser Kleber ist und wieso er so wichtig ist.

Wenn Du schon mal Brot gebacken hast, bist Du bestimmt über den Begriff „Kleber“ oder „Gluten“ gestolpert. Vielleicht hast Du gehört, dass ein Mehl „viel Klebereiweiß“ hat oder dass der Teig noch kein stabiles Teiggerüst entwickelt hat. Aber was genau ist eigentlich dieser Kleber und wieso ist er wichtig und was ist dieses „Teiggerüst“? Dafür müssen wir zuerst in die Eiweiße im Mehl eintauchen. Alternativ liest du dich hier ein, hier habe ich alles über das Gluten im Mehl erklärt.

Eiweiß im Mehl = Kleber

Ganz einfach gesagt: Der Kleber ist das, was Deinen Teig zusammenhält. Er sorgt dafür, dass aus einem Mehl-Wasser-Gemisch ein elastischer, dehnbarer Teig wird. Dieser Kleber besteht hauptsächlich aus zwei Eiweißstoffen im Weizenmehl – Gliadin und Glutenin. Wenn Du Mehl mit Wasser vermischst und knetest, verbinden sich diese beiden Proteine zu einem feinmaschigen Netzwerk: dem Glutengerüst (oder auch Teiggerüst oder Klebergerüst).

Das ist der „Kleber“ von dem alle reden, die sich mit Mehl und Brot auskennen. Und der ist wirklich Gold wert, denn er gibt Deinem Brot Volumen, Struktur und Halt. Ohne ihn gäbe es kein luftiges Innenleben, keine knusprige Kruste – sondern einen dichten, flachen Fladen.

Je mehr Kleber dein Mehl hat, desto besser ist das für luftige und großporige Brote. Je weniger Kleber und schwächer ein Mehl bilden kann, desto weniger Wasser schluckt es in der Regel, desto kürzer reift es bis es enzymatisch abgebaut ist und desto weniger großporige Brote werden damit in der Regel gebacken. Sprich: Bei einem Toastbrot interessiert kaum jemanden das Kleber-Eiweiß, bei einem luftigen Brot mit Open Crumb sehr wohl.

Beispiel für ein Brot, für das die Menge und Qualität an Klebereiweiß wichtig ist:

Beispiel für ein Brot, bei dem es weniger auf Klebereiweiß ankommt:

Kleber muss sich im Brotteig erst entwickeln

Wie entsteht dieser Kleber im Teig? Im Mehl liegen die Eiweißstoffe Gliadin und Glutenin noch völlig unverbunden vor. Erst wenn Wasser dazukommt, passiert etwas Entscheidendes: Die Proteine quellen auf und können sich verbinden. Das ist der Startpunkt der Kleberentwicklung.

Durch das Kneten werden diese Eiweißmoleküle mechanisch bearbeitet, gezogen, gestreckt und wieder zusammengeschoben. Dabei bilden sich zwischen Gliadin und Glutenin unzählige Verbindungen – man spricht von einem dreidimensionalen Protein-Netzwerk, dem sogenannten Glutengerüst. Dieses Gerüst ist dehnbar (durch das Gliadin) und gleichzeitig elastisch (durch das Glutenin; alles über das Gluten im Mehl erklärt). Genau diese Mischung ist entscheidend für die Qualität des Teigs.

Ist die Mischung ideal zwischen Glutenin und Gliadin, entwickelt sich ein Kleber, der sowohl Stabilität, als auch Flexibilität im Teig ermöglicht. So kann sich der Teig von Anfang an, bis zum Backen dehnen / mit Gas aufblasen und Volumen zulassen.

Faktoren von denen der Kleber im Brotteig abhängt

Damit der Kleber und somit das Teiggerüst gut ausgebildet werden in einem Brotteig, müssen bestimmte Faktoren stimmen und zusammenspielen. Du kannst mit einem tollen kleberstarken Mehl arbeiten und trotzdem alles verbocken. Oder du kannst alles richtig machen, es hilft dir wenig, wenn du ein kleberschwaches Mehl hast (wie zum Beispiel Einkornmehl). Faktoren, die am Ende den Kleber beeinflussen:

  • Mehlsorte (nicht jedes Mehl hat ausreichend und gutes Klebereiweiß)
  • Proteinwert (ab 11% kann gutes Brot gebacken werden; je höher, desto potentiell luftigeres Brot kann gebacken werden)
    Beispiel für die Angabe des Proteingehalts im Mehl. Zwischen 12 und 15g zeigt eine gute oder starke Backstärke an.
  • Anteil Glutenin zu Gliadin (also das perfekte Verhältnis zwischen Dehnbarkeit und Elastizität)
  • Wasseranteil (wenn zu hoch oder zu niedrig, wird der Kleber geschwächt oder nicht ausreichend ausgebildet)
  • Knetdauer und Intensität (nicht zu kurz und nicht zu lang)
  • Salz und Fett (in Maßen wichtig für das Teiggerüst; Zeitpunkt der Zugabe eher später als früher wichtig)
  • Reifezeiten (wenn zu lang, baut der Kleber ab)
  • Enzymatik (wenn das Mehl zu enzymstark ist, baut der Kleber schnell ab; ohne Enzymatik wiederum geht gar nix im Teig)
  • Temperatur (wenn zu kalt, passiert nichts im Teig (auch keine Fermentation); wenn zu warm, dann zu schnelle Fermentation und zu schneller Kleberabbau und somit Teiggerüst-Abbau)

Wie kann ich den Kleber im Teig am besten positiv beeinflussen?

Wenn Du den Kleber wirklich gut entwickeln willst, achte vor allem auf diese Punkte:

  • Gutes Mehl mit ausreichend Protein (Achte auf Empfehlungen von anderen HeimbäckerInnen)
  • Die richtige Menge Wasser
  • Zeit (Autolyse, Stockgare, Dehnen & Falten)
  • Sorgfältiges Kneten (nicht zu kurz, nicht zu lang)
  • Die Zutaten zur richtigen Zeit hinzufügen

Wie kann ich den Kleber beurteilen?

Du brauchst kein Labor, um den Kleber in Deinem Teig zu prüfen. Ein einfacher Trick ist der „Fenstertest„: Nimm ein kleines Stück Teig und zieh es zwischen den Fingern ganz vorsichtig auseinander. Wenn Du es fast papierdünn ausdehnen kannst, ohne dass es reißt, dann ist der Kleber gut entwickelt. Reißt der Teig schnell? Dann brauchst Du entweder noch etwas Knetzeit – oder Dein Mehl hat schlicht nicht genug Kleberprotein.

Welches Mehl hat wie viel Kleber?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Nicht jedes Mehl bringt automatisch einen starken Kleber mit, selbst wenn die Menge an Protein im Mehl hoch wirkt (also zB >12-13%). In Deutschland lässt sich das ganz gut über die Mehltypen erkennen, ob überhaupt damit zu rechnen ist, dass ein Mehl einen starken Kleber entwickeln kann:

Weizenmehl

Weizenmehl ist bekannt für einen hohen und stabilen Klebergehalt.

  • Weizenmehl Type 550 gilt als tendenziell kleberstärker und ist die Basistype für Brote, die geknetet werden. Der Feuchtklebergehalt liegt bei dieser Type typischerweise zwischen 26–30 % (normal), über 30 % gilt als hoch, 20–25 % als gering, unter 20 % als ungenügend.
  • Weizenmehl Type 405 hat bei uns meist etwas weniger Kleber als Type 550, eignet sich aber gut für feine Backwaren wie Kuchen und Plätzchen und wird auch hauptsächlich dafür verwendet. Trotzdem sind auch Brote damit möglich. 

Dinkelmehl

Dinkel enthält oft mehr Kleber als Weizen, aber die Klebereigenschaften sind schlechter: Der Kleber ist weniger stabil und die Wasseraufnahme geringer.

Roggenmehl

Roggen enthält zwar Gluten, aber das Roggengluten kann keine stabile Kleberstruktur bilden. Die Backeigenschaften werden hier vor allem durch Schleimstoffe (Pentosane) bestimmt, nicht durch den Kleber. 

(Gutes) Pizzamehl (italienisches Weizenmehl) Tipo 0 oder 00

Enthält einen sehr hohen Klebereiweißgehalt von etwa 12,5–14 %, ideal für elastische, dehnbare Teige wie Pizza oder auch luftige Brote.

Wie erkenne ich den Klebergehalt im Mehl?

Der Klebergehalt steht selten direkt auf der Mehl-Verpackung. Meist wird nur der Eiweißgehalt (Protein) angegeben, von dem etwa 80 % auf Gluten entfallen. Typenzahlen (z. B. 405, 550, 1050) geben nicht den Mineralstoffgehalt an, nicht den Klebergehalt. W-Wert: Bei italienischen und französischen Mehlen gibt der W-Wert die Backstärke an. Hohe Werte stehen für viel und stabiles Gluten, also einen starken Kleber. Bei uns kaum zu finden diese Angabe.

Indirekte Hinweise

  • Je höher der Eiweißgehalt (Protein) auf der Verpackung, desto höher in der Regel auch der Klebergehalt.
  • Typ 550 hat meist mehr Kleber als Typ 405, Vollkornmehl enthält am meisten Eiweiß, aber die Kleberqualität kann schwanken und der Schalenanteil schwächt das Teiggerüst.
  • Italienisches Pizzamehl (z. B. Tipo 00) ist auf hohen Glutengehalt gezüchtet und wird oft mit 12–14 % Protein deklariert.

Am Ende sind Empfehlungen von anderen HeimbäckerInnen wichtig oder Angaben der Hersteller oder Shops, wie kleberstark Mehle sind. Natürlich kannst du es durch das Backen herausfinden, vor allem dann, wenn du vergleichen kannst. Kaufe ein Spezialmehl und ein günstigeres aus dem Supermarkt und backe das gleiche Brot…du wirst Unterschiede schnell feststellen in der Wasseraufnahme, der Teigverarbeitung, der Stabilität über die Reifezeit hinweg,der der maximalen Reifedauer an sich und im Gesamtergebnis.

Klebergehalt und Backeigenschaften von Urkornmehlen und Spezialmehlen

Urkornmehle (z. B. Einkorn, Emmer, Dinkel)

  • Einkorn: Enthält überdurchschnittlich viel Protein und reichlich Kleber, aber die Qualität des Klebers ist nur mäßig. Das bedeutet, dass Teige weniger elastisch sind und wenig Wasser binden. Das führt zu eher festen Teigen und kompakteren Backwaren. Einkorn eignet sich besonders für Pfannkuchen, Waffeln, Sauerteige und feine Kuchen, weniger für luftige Brote. Obwohl auch das geht, wie du hier siehst. Vor allem anteilig interessant im Brot.
  • Emmer: Ist ebenfalls eiweißreich, hat aber mäßige Klebereigenschaften. Das Mehl bindet wenig Flüssigkeit, wodurch der Teig eher fest bleibt. Emmer eignet sich gut für herzhafte Hefe- und Sauerteige wie Brötchen, Pizza oder Knödel, aber auch hier ist das Volumen begrenzt. Genau wie bei Einkorn kannst du mit Emmer auch Brote herstellen, vor allem feinporige und Brote mit weniger Volumen. 
  • Dinkel: Hat viel Kleber, der Kleber ist jedoch empfindlicher als bei Weizen. Das Teiggerüst ist schwächer und empfindlicher. Dinkelbrote werden oft weniger großporig, weil die Aufarbeitung eine größere Herausforderung darstellt und weil das Zeitfenster für den idealen Zeitpunkt für das Formen und das Backen deutlich kleiner und schwerer zu treffen ist. Dennoch kannst du mit Dinkel tolle Brote backen.

Spezialmehle (z. B. Breadflour, Baguettemehl):

  • Breadflour (USA: Brotmehl, meist Weizen): Enthält einen hohen Protein- und damit auch Glutengehalt (typisch 12–14 %). Das sorgt für eine starke, elastische Teigstruktur, die viel Wasser aufnehmen kann und beim Backen ein großes Volumen und eine luftige Krume ermöglicht. Breadflour ist ideal für Brote und andere Backwaren, die eine stabile Teigstruktur benötigen. Für offenporige Brote ideal.
  • Baguettemehl (z. B. T65): Hat einen höheren Proteingehalt und ein stärkeres Gluten als normales Weizenmehl. Dadurch wird der Teig elastischer, geht besser auf und das fertige Baguette wird besonders luftig und knusprig.

Noch ein Wort zur Wassermenge

Ohne Wasser kein Klebernetz – aber zu viel Wasser kann auch zum Problem werden. Je höher die sogenannte Teigausbeute, also der Wasseranteil im Verhältnis zum Mehl, desto schwieriger wird die Kleberbildung. Deshalb brauchen sehr weiche Teige wie Ciabatta oder Focaccia besonders starke Kleber (also Mehle mit viel Protein) – oder sehr viel Zeit und Geduld bei der Teigführung. Der Kleber entwickelt sich, wenn Wasser auf Protein trifft und Bewegung ins Spiel kommt. 

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Über mich

Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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