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Was ist die Stückgare (oder Endgare) beim Brotbacken?

Die Stückgare, die auch als Endgare bezeichnet wird, beschreibt die 2. Garzeit oder auch letzte Ruhe- und Reifephase des geformten Teiglings in einem Gärkörbchen, bevor er in den Backofen kommt. Der erste Ruhevorgang wird demnach als Stockgare bezeichnet, während die zweite Ruhezeit die Stückgare beschreibt. Hier erfährst du alles über die Stückgare.

Wenn du ein Brot backst, gibt es viele Schritte, die darüber entscheiden, ob dein Ergebnis ein fluffiges, aromatisches Kunstwerk oder ein festes, wenig ansprechendes Etwas wird. Einer dieser wichtigen Schritte ist die Stückgare, manchmal auch Endgare genannt. Aber was genau passiert hier, und warum ist sie so entscheidend? Lass uns das gemeinsam aufdröseln.

Was ist die Stückgare/Endgare beim Brotbacken?

Die Stückgare/Endgare ist der letzte Reifeschritt, bevor dein Teig in den Ofen kommt. In dieser Phase ruht dein geformter Teigling, also der Teig in seiner finalen Form – ob als Brotlaib, Baguette oder Brötchen – und darf noch einmal ordentlich an Volumen zulegen. So wie sich der Teig in der Stückgare entwickelt, spiegelt er sich am Ende (hoffentlich) in der Krumenstruktur wieder. Die Stückgare findet in der Regel entweder im Gärkörbchen, in der Kastenform, im Backrahmen oder einfach frei in Bäckerleinen statt.

Warum ist die Stückgare so wichtig?

Hier kommen wir zu einem der Schlüsselpunkte: Wird die Stückgare zu kurz gehalten, ist der Teigling untergar. Das bedeutet, dass der Teig im Ofen zwar noch weiter aufgeht (man nennt das den Ofentrieb), aber oft ungleichmäßig und mit unschönen Rissen an der Oberfläche. Zudem fehlt der Krume oft die gewünschte Luftigkeit und ist bei eigentlich feiner Porung mit zu großen Löchern durchzogen.

Wird die Stückgare dagegen übertrieben lang, spricht man von Übergare. Der Teigling hat dann sein maximales Volumen bereits erreicht oder sogar überschritten, bevor er in den Ofen kommt. Das Ergebnis? Das Teiggerüst wird schwach, der Teig sackt im Ofen zusammen, das Brot wird flach, und die Krume bleibt kompakt und klebrig. Das wollen wir natürlich vermeiden.

Woher weiß ich, wann die Stückgare abgeschlossen ist?

Die Kunst ist es also den richtigen Zeitpunkt während der Stückgare zu erkennen, wann das Brot gebacken werden soll.

Aber wie weißt du nun, wann der Teig bereit für den Ofen ist? Hier hilft dir ein einfacher Test: der Fingertest. Drückst du leicht mit deinem Finger auf die Oberfläche des Teiglings, sollte die Delle langsam zurückfedern. Bleibt die Delle komplett, ist der Teig in der vollen Gare oder Übergare. Springt sie sofort wieder heraus, ist der Teig noch untergar. Ein langsames, gleichmäßiges Zurückführen zeigt dir, dass die Stückgare perfekt ist (je nachdem welches Brot gebacken werden soll; bei Kastenbroten zB wird oft die volle Gare gewünscht).

Wie lange dauert die Stückgare?

Je nachdem welches Brot du bäckst, richtet sich danach die Länge der Stückgare. Grundsätzlich gilt:

Je länger die Stockgare (also 1. Reifephase des noch nicht geformten Teigs), desto kürzer die Stückgare (außer man lässt im Kühlschrank reifen).

Bei hellen Teigen, die ein Brot mit offener und unregelmäßiger, luftiger Krume hervorbringen sollen, wird die Stockgare lang gehalten, die Stückgare eher kurz.

Kurze Stückgare für eine leicht offene Porung

Je dunkler, desto schwerer ist der Teig, desto schwächer die Glutenstruktur, desto feiner sind die Poren zu erwarten, desto kürzer die Stockgare und desto länger die Stückgare. Vor allem Roggenbrote werden mit kurzer Stockgare und langer Stückgare angesetzt.

Feine Krume durch viel Roggenanteil und längere Stückgare

Wie lang die Stückgare dauert, kommt auf eine weitere Volumenzunahme an und wie der Fingertest/Fingerprobe aussehen. Dabei wird der Teigling eingestupst mit dem Finger und springt der Teig sofort wieder zurück, ist noch Untergare zu erwarten. Bleibt der Fingerabdruck ganz bestehen, ist der Teig voll reif und in der Vollgare. Springt er zu 50% langsam wieder zurück, ist die knappe Gare erreicht. 

Ein genetztes Brot wird bis zur Vollgare gereift. Feine Krume, keine aufgerissene Kruste

Je nachdem was du willst, musst du Vollgare oder knappe Gare wählen. Bei Vollgare geht der Teig nicht mehr stark im Ofen auf und wird dann auch nicht mehr eingeschnitten. Wenn das Brot noch einen starken Ofentrieb haben soll, dann muss die knappe Gare gewählt und eingeschnitten werden (außer man hat für einen rustikalen Aufriss geformt).

Meine Faustformel für die Stückgare:

Helle Brote mit offener Porung: ca. 1 bis 1:30 Stunden Stückgare im Raum
Mischbrote: ca. 1 bis 1:30 Stunde Stückgare im Raum
Roggenbrote: ca. 2-4 Stunden Stückgare im Raum (je nach Sauerteig- oder Hefemenge)

Stückgare bei Roggenbroten

Roggenbrote haben eine feine Krume, die Stockgare lange auszudehnen macht hier keinen Sinn. Das Formen von Roggenteig ist einfacher, wenn der Teig nicht schon zu weit gegangen ist. Die Stockgare wird kurz gehalten, die Stückgare hingegen recht lang. Daher werden Roggenteige meist nach 30-60 Minuten geformt und der Teigling reift dann für 2-4 Stunden lange in der Stückgare. Eine Verdopplung in der Stückgare ist durchaus erwünscht. Gebacken wird auf Sicht, zB wenn sich die Maserung des aufgegangenen Teiglings im Mehl an der Oberfläche zeigt.

Roggenteige reifen kurz in der Stockgare, dafür lang in der Stückgare. Der Teig reißt auf und bäckt dann urig rustikal.

Stückare bei Weizenbroten und Dinkelbroten

Bei Weizenbroten oder Dinkelbroten wird die Stückgare eher länger gestaltet. Über die Zeit produzieren die Mikroorganismen im Teig Luft und CO2. Beides verfängt sich in der Glutenstruktur des Teigs und dieser geht auf. Beim Formen wird dieses Gas meist versucht zu halten, indem vorsichtig gewirkt wird. Die anschließende Stückgare ist meist im Rahmen von 45 und 90 Minuten zu finden. Der Teig geht im Gärkorb nochmal 30-60% auf. Im Kühlschrank reift der Teig in der Stückgare deutlich länger. Eine pauschale Aussage ist aber schwierig, weil die Dauer der Stückgare/Endgare immer auch abhängig ist von Temperatur und Triebmittel(menge).

Generell gilt: Je länger die Stockgare, desto kürzer (im Raum) die Stückgare. 

Auswirkung der Stückgare auf die Krume

Je länger die Stückgare, desto feiner die Krume. Je kürzer der Stückgare, desto stärker der Ofentrieb, desto mehr Volumen. Aber: Bei Untergare ist ein großer Ofentrieb, aber dafür auch eine eher schlechte Krume zu erwarten (große Löcher, Rest feine Krume).

Was bedeutet kalte Stückgare?

Für die kühle Stückgare gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: Dies ist zum einen die kurze, kühle Stückgare, die nur fünf bis acht Stunden dauert. Du backst den Teig also am gleichen Tag, profitierst aber dennoch von einer guten Entwicklung der Aromen und einer strafferen Teigoberfläche. Daneben gibt es die lange, kühle Stückgare, die bis zu drei Tage dauert und mit der du wesentlich mehr Aromen erzielst. 

Abhängig von der Dauer entwickeln sich der Ofentrieb und die Krumenstruktur. Beachte folgendes: Hat das Brot einen hohen Sauerteig-Anteil, sollte die Endgare nicht zu lang sein, denn die Versäuerung erfolgt weiter. Weizenteige gären länger als Roggenteige. Bei hohen Hefe-Mengen und Teigtemperaturen ist die Gare kürzer und bei festen, fettreichen und großen Teigen länger.

Für die kalte Stückgare wird der geformte Teigling in einem geschlossenen Gefrierbeutel mit etwas Luft darin bei ca. 6 Grad zur Reife gestellt. Die Reife geht dann sehr langsam von Statten. 

Muss der Teig aufwärmen/akklimatisieren vor dem Backen bei kalter Stückgare im Kühlschrank?

Nein. Der Teigling kann direkt im heißen Ofen gebacken werden. Es findet keine Akklimatisierung statt. Akklimatisierung gibt es nur bei kalter Stockgare.

Praktische Tipps für die Stückgare

  • Arbeite mit Gärkörbchen
    Die unterstützen den Teigling dabei, seine Form zu halten.
  • Deck den Teig ab
    Damit dein Teigling während der Stückgare nicht austrocknet, solltest du ihn mit einem feuchten Tuch oder einer Frischhaltefolie abdecken. Oder aber mit speziellen Gärkörbchen-Hauben (Amazon Partner-Link*).

  • Sei geduldig
    Es kann verlockend sein, den Teig früher in den Ofen zu schieben, aber gib ihm die Zeit, die er braucht. Der Unterschied ist spür- und schmeckbar. Es hilft dir manche Rezepte immer wieder zu backen und dich so an Reifezustände der Endgare zu gewöhnen und diese zu ertasten.
  • Nutze kühlere Temperaturen
    Wenn du deinen Teiglingsprozess entschleunigen willst, leg ihn in den Kühlschrank für eine kalte Übernachtgare. Das hilft dir auch bei einer besseren Zeitplanung und der Teig ist stabiler, wenn du ihn backen und vorher einschneiden willst.

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2 Antworten
  1. Conny

    Ich habe mir einen Holzbackofen zugelegt und überlege ob es gut ist die Stückgare im Kühlschrank zu machen und dann direkt in den geheizten Ofen schiebe. Dabei fällt meine Ofentemperatur zu schnell ab.
    Hast du da auch schon Erfahrungen gesammelt?

    1. René Dasbeck

      Du meinst dein Ofen wird zu schnell kalt, weil du kalte Teiglinge in den Ofen schiebst? Ich kenne mich mit Holzöfen nicht aus, kann also leider nicht sagen ob das ein Problem des kalten Teiglings oder des Ofens ist. Vermutlich kommt es auf die Menge Teiglinge an. Bei einem Brot sollte ein wirklich heißer Ofen das problemlos schaffen vermute ich. Ansonsten lässt du den Teigling noch 1 Stunde Akklimatisieren im Raum.

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Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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