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Alles über das „anspringen lassen“ beim Brotbacken

Ein Teig, der mit Hefe oder Sauerteig geführt wird, muss „anspringen“. Aber was bedeutet das eigentlich genau? Wieso muss ein Teig anspringen und wie lange? Fragen über Fragen, die ich dir hier beantworte.

Was heißt eigentlich, einen Teig „anspringen lassen“?

Wenn jemand sagt, dass der Teig „anspringen muss“, bedeutet dies, dass der Teig zum Beginn der Gärphase für eine bestimmte Zeit im Raum ruht, damit Hefe und/oder Sauerteig ihre Wirkung entfalten können. Im Prinzip geht es darum den Fermentationsprozess zu starten, bei dem der Teig aufgeht und durch den die wichtige Aromatik im Brot entstehen kann. Anschließend kann dann entweder fließend in die Haupt-Reifephase übergegangen werden oder aber der jeweilige Teig kommt in den Kühlschrank und reift dort langsam bis zur vollen Reife.

Welche Teige können oder sollten anspringen und wie lange?

Es gibt tatsächlich mehrere Teige, die beim Brotbacken anspringen können und es gibt auch mehrere Phasen. Allerdings hat dann das „anspringen lassen“ in diesen verschiedenen Phasen auch ggfs. unterschiedliche Bedeutung.

Hefe-Vorteige

Bei einem Hefe-Vorteig wird Mehl mit Wasser und einer sehr kleinen Menge an Hefe vermengt und stehen gelassen. Über die Zeit vermehren sich die Hefen und dieser Hefe-Vorteig reift dann zur vollen Reife und vollen Power der Hefen. Der Hauptteig wird dann quasi mit diesem Hefe-Vorteig „geimpft“, so dass weniger Hefe zusätzlich zugegeben werden muss. Hefe-Vorteige können im Kühlschrank fertig reifen, um stabil und kraftvoll zu bleiben (weniger Risiko für Übergare und somit Schwächung der Hefen im Vorteig) und um mehr Aroma zu entwickeln. Wenn der Vorteig im Kühlschrank reift, muss er vorher anspringen, damit die Hefen in die Gänge kommen. 



Wie lange Hefe-Vorteige anspringen lassen?

Ich würde bei 1% Hefemenge aufs Mehl im Vorteig gerechnet (zB 1g Hefe auf 100g Mehl) 2 Stunden im Raum anspringen lassen und dann im Kühlschrank fertig reifen lassen.

Sauerteige

Ein Sauerteig reift in der Regel im Raum zu Ende, aber auch er springt natürlich an, nur langsamer als ein klassischer Hefe-Vorteig. Sauerteig fermentiert nicht so flott wie Hefeteig. Es ist eher ungewöhnlich den Sauerteig nach dem Anspringen lassen gleich wieder in den Kühlschrank zu stellen, obgleich auch das funktioniert. Ein Sauerteig wird dann „jung“ in den Kühlschrank gestellt und reift dort langsam und gemütlich zu Ende. 

Wie lange Sauerteige anspringen lassen?
Sauerteige springen für das eigentliche Brot nicht wirklich an, sondern reifen im Raum bis zur Verwendung. Wenn du deinen Sauerteig lange im Kühlschrank ohne Fütterung aufbewahren musst (zB wenn du in den Urlaub fährst), lässt du ihn nach dem Füttern anspringen und stellst ihn dann jung mit 1/2 bis 2/3 Reife in den Kühlschrank. So reift er dann sehr langsam fertig und kann locker 2-3 Wochen überleben.

Hauptteige

Bei einem Hauptteig unterscheiden wir das Anspringen in den beiden Gärphasen Stockgare (nach dem Kneten) und Stückgare (nach dem Formen). 

  • Anspringen lassen in der Stockgare
    Die Stockgare ist die erste Gärphase nach dem Kneten des Hauptteigs. Dabei springt die Fermentation an und der Teig reift bis zu dem Moment, an dem er dann geformt wird und in die Stückgare geht (2. Gärphase). Das Anspringen ist hier für HeimbäckerInnen nur relevant, wenn die Stockgare im Kühlschrank stattfinden soll. Nach dem Kneten darf der Teig nicht direkt in den Kühlschrank gestellt werden, sondern muss erst eine Weile im Raum anspringen.

    Wie lange Teig bei kalter Stockgare anspringen lassen?
    Wie lange der Teig erst anspringen sollte, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Teigtemperatur, Raumtemperatur, Kühlschranktemperatur, Menge Triebmittel, Aktivität Triebmittel. Als groben Richtwert würde ich den Teig für 1 bis 2h im Raum anspringen lassen (1h, wenn kühler im Raum und Teig und wenn wenig Triebmittel), bevor er in der Teigwanne in den Kühlschrank gestellt wird. 

  • Anspringen lassen in der Stückgare
    Auch nach dem Formen kommt der Teigling im Gärkorb oder im Kasten nicht grundsätzlich sofort in den Kühlschrank. Auch hier hängt es davon ab, wieviel Triebmittel in Verwendung ist und wie kalt der Kühlschrank. In der Stückgare sagt man gerne mal „anspringen lassen“, wenngleich es hier eigentlich nicht darum geht, dass die Fermentation überhaupt in Gang kommt, sondern darum, dass die Stückgare ausreichend ausgedehnt wird und dass keine Untergare entsteht. Das Wording ist hier also etwas missverständlich.

    Wie lange Teig bei kalter Stückgare anspringen lassen?
    Wenn du viel Triebmittel verwendest oder der Kühlschrank liegt bei 6+ Grad, solltest du schnell in den Kühlschrank, also ggfs. sofort nach dem Formen. Wenn du relativ wenig Triebmittel verwendest und dein Kühlschrank ist sehr kalt (zB 4 Grad), dann lass deinen Teig nach dem Formen noch 15-30min im Raum „anspringen“. Im Kasten springt der Teigling in der Stückgare ggfs. noch länger an, dazu siehe unten mehr. 

Wann muss ein Teig nicht extra anspringen?

Wenn dein Teig im Raum bis zum Ende der Gare reift, springt er zwar schon irgendwie an, aber du musst dir dann darum keine Gedanken machen. Beispielsweise, wenn du deinen Hauptteig einfach mit sehr wenig Triebmittel über Nacht im Raum reifen lassen willst, gibt es das klassische „anspringen lassen“ nicht. Du knetest, packst den Teig in eine Teigwanne und lässt ihn reifen bis zum Formen am nächsten Tag. Das Anspringen lassen wird immer dann relevant, wenn eine kalte Garstufe eingeplant ist.

Muss ein Teig warm anspringen?

Ja, der Teig sollte zum Anspringen warm stehen. Warm heißt in dem Fall: Zimmertemperatur ab ca. 18-20 Grad. Sicher geht auch eine Temperatur darunter, aber die meisten Zimmer haben wohl üblicherweise mind. diese Temperatur. Im Kühlschrank kannst du den Teig nicht anspringen lassen, weil durch die Kälte die Hefen sehr inaktiv werden. 

Anspringen lassen und die Gärverzögerung

Ein Teig, bei dem durch das Anspringen die Fermentation gestartet wurde, kann entweder direkt im Raum weiterreifen oder aber er wird in den Kühlschrank gestellt. Dort reift der Teig dann deutlich langsamer, was als „Gärverzögerung“ bezeichnet wird. Während dieser Gärverzögerung geht der Teig langsam auf, es bildet sich eine schöne Krume und die Aromatik wird deutlich stärker gepusht als bei der schnelleren Gärung im warmen Raum.

Anspringen lassen von Kastenbrot-Teigen, die im Kühlschrank über Nacht reifen sollen

Bei Kastenbroten fällt man gerne mal darauf rein, dass man den Teig nach dem Formen im Kasten zu kurz anspringen lässt. Der Teig geht dann nicht ausreichend im Kühlschrank auf. Der Grund ist folgender: Bei Kastenbroten ist meist die Stockgare kurz, die Stückgare lang. Teilweise dauert die Stückgare nach dem Formen gerne mal 2-3 Stunden. Wenn du nun deinen geformten Teig im Kasten direkt in den Kühlschrank stellst, reift er dort deutlich zu langsam und ist am nächsten Tag einfach nicht fertig um gebacken zu werden.

Es macht also Sinn, dass du die Stückgare im Kasten zu 1/2 im Warmen durchführst und erst dann in den Kühlschrank gehst. Hast du einen Kühlschrank unter 6 Grad und ggfs. auch noch wenig Triebmittel eingesetzt, wäre vielleicht sogar eine warme Stückgare zu 2/3 angesagt und dann die restliche 1/3 Stückgare im Kühlschrank über Nacht. Hier musst du einfach ausprobieren mit deinem Rezept und dann ggfs. beim nächsten Mal noch etwas nachjustieren.

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Über mich

Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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