Nicht jede(r) hat gleich mehrere Sorten Sauerteig zu Hause und daher ist es berechtigt sich zu fragen, ob man Weizensauerteig im Rezept einfach mit Roggensauerteig ersetzen kann und umgekehrt. Geht das? Erkläre ich dir hier.
Als Brot-Blogger bin ich natürlich daran interessiert mehrere Sauerteige zu führen, damit ich immer das beste Brotback-Ergebnis erzielen kann. Und auch wenn es ein wenig Mehraufwand ist, hält der sich doch arg in Grenzen. Mehr als 5 Minuten Arbeit habe ich mit der Fütterung meiner beiden Sauerteige alle 2 Tage nicht. Und auch finanziell sind es gerade einmal ein paar Cent pro Fütterung, die mich die Führung von 2 Sauerteigen kostet. Nichtsdestotrotz kann ich verstehen, dass nicht jede(r) 2 Sauerteige pflegen möchte.
Ich bekomme häufig die Frage, ob denn die Sauerteige in meinen Rezepten (oder auch in Rezepten anderer) ersetzt werden können? Die meisten haben einen Roggensauerteig zu Hause, weil für Roggenbrot ein Sauerteig Pflicht ist. Für Weizenbrote ist das nicht so, hier ist auch das Backen nur mit Hefe eine Option, wenngleich meist die schlechtere im Vergleich zur Verwendung von Sauerteig. Die Antwort auf die Frage, ob Sauerteige einfach durch andersartige Sauerteige ersetzt werden können, ist eindeutig unklar: Es geht! Aber es ist nicht immer ideal und das Ergebnis wird anders werden als vielleicht geplant. Es kommt darauf an, welcher Sauerteig durch welchen ersetzt werden soll:
Weizensauerteig durch Roggensauerteig ersetzen
Tatsächlich ist dieser Weg der Gelingsicherste: Einen Weizensauerteig kann man immer mit einem Roggensauerteig ersetzen. Natürlich hat das Auswirkungen auf das Ergebnis, aber grundsätzlich ist es hier möglich und auch OK so zu arbeiten. In diesem Fall wird beim Ansetzen des Sauerteigs für das Rezept einfach statt dem Weizensauer-Anstellgut das Roggensauer-Anstellgut verwendet. D.h. je nach Rezept kann es dann auch sein, dass der Roggensauer mit Weizenmehl vermengt wird. Das funktioniert wunderbar und ist der sinnvollste Weg, wenn du einen Roggensauer hast, aber ein Weizenbrot backen willst. Welche Auswirkungen das Ganze auf das Ergebnis hat, liest du weiter unten.
Roggensauerteig durch Weizensauerteig ersetzen
Hier sieht es tatsächlich doch etwas anders aus. Ich persönlich würde diesen Weg nicht gehen, wenngleich es möglich ist. Ein Roggensauer hat einen ganz anderen Charakter und ein Roggenbrot BRAUCHT auch diesen anderen Charakter. Roggenbrote sind deutlich saurer und rustikaler. Mit einem Weizensauer bekommst du diesen Geschmack nicht so richtig hin. Im Notfall geht es natürlich schon einen Roggensauerteig mit Weizensauer-Anstellgut anzusetzen, es ist aber nicht der ideale Weg für ein richtig gutes Roggenbrot. Bei Mischbroten sieht das schon wieder anders aus. Je mehr Weizenanteil vorhanden ist, desto eher ist es kein Problem den Roggensauer durch Weizensauer zu ersetzen.
Weizensauerteig oder Roggensauerteig durch Dinkelsauerteig ersetzen
Ein Weizensauerteig kann problemlos mit einem Dinkelsauerteig in einem Rezept ersetzt werden. Der Charakter ist nahezu der Gleiche. Bei einem Roggensauer im Rezept wäre ich genauso vorsichtig wie bei Weizen. Roggensauer und Dinkelsauer sind völlig anders im Geschmack und in der Aromatik. Der Dinkelsauer ist also nur ein Notfall-Behilf, wenn du keinen Roggensauer hast.
Dinkelsauer durch Weizensauer oder Roggensauer ersetzen
Du ahnst es vermutlich schon: Auch das geht problemlos. So wie der Weizensauer mit Roggensauer ersetzt werden kann, geht das auch beim Dinkelsauer. Und weil sich Weizen und Dinkel rein getreidefamiliär sehr ähneln, ist es auch kein Problem, wenn du einen Dinkelsauerteig im Rezept durch einen Weizensauerteig tauscht.
Wie verändert sich das Brot, wenn ich Sauerteige mit anderen Sorten von Sauerteig ersetze?
Es gibt mehrere Dinge, die sich in deinem Brot verändern werden, wenn du die Sauerteige ersetzen willst. Je nachdem was du durch was ersetzt, hast du im Brot mit Unterschieden zu rechnen bei:
- Geschmacksunterschiede, wenn man Roggensauer durch Weizensauer ersetzt
Der größte Unterschied steckt im Aroma: Ein Roggensauer wird in der Regel deutlich saurer geführt als ein Weizensauer (ich schreibe nachfolgend nur noch Weizensauer, weil der Dinkelsauer gleich zu behandeln ist). Das liegt daran, dass Roggenmehl Säure benötigt, damit es backfähig wird und weil Roggenbrote mit mehr Säure in der Regel besser schmecken. Den Roggensauer durch einen Weizensauer zu ersetzen führt dazu, dass das Brot vermutlich milder wird, weil die Sauerteig-Basis (Anstellgut) bereits milder ist. Es sei denn du führst deinen Weizensauerteig sehr sauer, was die wenigsten tun (Stichwort Lievito Madre…ein sehr milder Sauerteig).Dazu kommt noch, dass das Weizenmehl für dein Roggen-Anstellgut eine stärkere Umgewöhnungsphase erfordert. Erst wenn sich die Mikroorganismen in deinem Sauerteig an das Futter gewöhnt haben, performen sie auf höchstem Level. Geschmacklich und auch bezüglich Trieb. Eine einmalige Umgewöhnungsphase ist evtl. nicht lang genug und die Aromatik wird nicht ausgewogen genug sein. Hefen und Milchsäurebakterien reagieren empfindlich auf Umgewöhnung. Selbst andere Sorten oder Typen der gleichen Getreideart sind immer etwas Stress für Mikroorganismen, so dass sie eine kurze Phase der Eingewöhnung brauchen, um wieder voll da zu sein und das beste Backergebnis zu ermöglichen.
Wie schon erwähnt sorgt ein milder Weizensauer in einem Roggenbrot für ein milderes Aroma und somit schlichtweg für einen anderen Geschmack als wärest du sortenrein geblieben. Merkt man den Unterschied? Nicht unbedingt. Außer du backst ansonsten immer sortenrein. Dann wirst du einen Unterschied merken. Im besten Fall schmeckt das Brot trotzdem. Ich schlechtesten Fall sind Geschmack und Aroma nicht ausgewogen und feine Gaumen erkennen, dass etwas nicht stimmt.
- Wie ist es andersherum?
Wenn du bei deinem Rezept den Weizensauerteig durch Roggensauerteig ersetzt, wirst du im besten Fall gar keinen Unterschied merken. Bei Weizensauerteig-Broten wird meist weniger Sauerteiganteil eingesetzt (sowohl im Hauptteig als auch als Anstellgut; 10-30% sind bei Weizen üblich; bei Roggen eher 30-60%), so dass die Auswirkung nicht ganz so stark durchschlägt. Durch eine höhere Temperatur des Sauerteigs, schnellere Reifezeit und eine höhere Anstellgutmenge lässt sich im Zweifelsfall das zu viel an Säure des Roggensauers herauszüchten. Auch hier wird das Aroma des Brots anders sein (weil du deine Mikroorganismen mit fremdeartigem Futter gestresst hast und sie daher nicht so gut drauf sind und funktionieren), aber es ist zumindest zu erwarten, dass es immer noch lecker und ausgewogen wird. - Textur
Je nachdem, wie viel Anstellgut verwendet wurde, kann sich die Textur des Brots verändern. Das allerdings meist nur, wenn plötzlich Roggensauer im Spiel ist, wo vorher Weizensauer geplant war. Roggenmehl kann kein Teiggerüst aufbauen, weder im Hauptteig, noch im Sauerteig. Und je mehr Anstellgut du vom Roggensauer in deinem Brot verwendest, desto eher kann das Auswirkungen auf die Textur der Krume haben. Zudem hat auch die Stärke der Säure eine Auswirkung auf die Krume (Konsistenz und Porung). Daran siehst du, wie wichtig es ist sortenrein zu bleiben, wenn einem solche Feinheiten wichtig sind.
Fazit
Ja, du kannst die Sauerteige in meinen oder anderen Rezepten mit anderen Sauerteig-Sorten tauschen. Allerdings musst du in Kauf nehmen, dass die Qualität des Brots nicht ganz so perfekt wird wie geplant. Und auch der Geschmack wird etwas variieren und im schlimmsten Fall etwas unausgewogen sein. Die Textur kann sich verändern, aber die ist ohnehin von vielen anderen Faktoren abhängig und somit vernachlässigbar in der Entscheidung. Wenn du Zeit hast, züchte deinen Sauerteig mit ein paar Fütterungen um, dann wird die Sauerteig-Kopie „sortenreiner“ sein und die Hefen und MSB haben sich schon an das neue Futter gewöhnt. Hast du keine Zeit, dann mach einfach. Wird schon schiefgehen… 🙂
Vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel, leider steht in vielen Rezepten (zumindest bei Mischbrot) oft nicht die Art des Sauerteigs. Ich führe Lievito Madre (550er Mehl, Fütterung mit 50g Anstellgut, 50g Wasser und 100g Mehl), sowie Roggenvollkornsauerteig (Fütterung mit 90/90/90g).
Bei Mischbrot verwende ich oft beide Sauerteige, um „Abfall“ zu vermeiden, außerdem (so nach meiner Vorstellung) hätten beide Bakterienstämme etwas zu verstoffwechseln. Nach deiner schlüssigen Erklärung würde ich aber mal vermuten, dass die Bakterien trotzdem in Stress geraten weil ja auch die anderen Anteile im Mehl enthalten sind. Hast du diesbezüglich Erfahrungen?
Zumindest werde ich jetzt bei Angabe des Sauerteigs im Rezept strikt darauf achten nicht zu mischen.
Liebe Grüße
Ja, das stresst die Mikroorganismen schon. Aber wenn man oft verschiedene Brote backt, ist das nicht zu vermeiden. Ich versuche immer anzugeben, ob es ein Roggensauer oder Weizensauer war, den ich verwendet habe. Wenn du mischt, vor allem mit LM, musst du die Wassermenge anpassen, weil im LM beispielsweise weniger drin ist.