Die Versäuerung in einem Sauerteigbrot richtig auszusteuern ist besonders wichtig, damit das Brot A) schmeckt und B) überhaupt zu einer essbaren Konsistenz wird. Gerade bei Broten mit nennenswertem Roggenanteil. Hier erfährst du, wie viel Sauerteig du in deine Teige einbauen solltest.
Was ist die Versäuerung?
Mit der Versäuerung wird angegeben, wie hoch der Anteil am Mehl ist, der zu Sauerteig angesetzt wird. Hast du 1000g Mehl und packst davon die Hälfte in den Sauerteig, hast du eine Versäuerung von 50%. Packst du nur 100g in den Sauerteig, hast du eine Versäuerung von nur 10%. Abhängig vom verwendeten Mehl und der gewünschten Stärke der Säure, aber auch von der gewünschten Reife-Geschwindigkeit, wird die Versäuerung gewählt.
Tabelle Versäuerung in Brotteigen – grobe Richtwerte
Brot | % Versäuerung Gesamtmehl |
100% Roggenbrot | 40-50% |
Roggenmischbrot | 30-40% |
Mischbrot | 25-30% |
Weizenmischbrot | 20-25% |
100% Weizenbrot | 10-20% |
Die konkreten Werte richten sich nach mehr als dem Anteil des Mehls. Du findest weiter unten diverse Kriterien, die zusätzlich Einfluss haben auf die Entscheidung darüber, wie hoch die Versäuerung sein soll.
Versäuerung von Roggen im Brot
Wenn dein Brot einen Roggenanteil hat, muss dieser versäuert werden. Je nach Anteil in unterschiedlichem Anteil.
Roggenanteil | % Versäuerung Roggenanteil |
90-100% Roggen | 40-50% |
60-80% Roggen | 50% |
50% Roggen | 50% |
30-40% Roggen | 60% |
20% Roggen | 70% |
10% Roggen | 100% |
Je weniger der Roggenanteil in einem Brot, desto mehr sollte von diesem Anteil Roggenmehl versäuert werden. Der Anteil der anderen Mehlsorte (z.B. Weizen) muss zusätzlich versäuert werden.
Versäuerung von Weizen im Brot
Bei weizenlastigen Broten rechnest du die Versäuerung hauptsächlich auf die Weizenmehlmenge. Der Roggenmehlanteil wird separat berechnet.
Weizenanteil | % Versäuerung Weizenanteil |
90-100% Weizen | 10-20% |
60-80% Weizen | 15-25% |
50-60% Weizen | 25-30% |
20-40% Weizen | 30-40% |
10% Weizen | 40% |
Je höher der Roggenanteil, desto eher muss dieser extra versäuert werden nach der Tabelle oben.
Kriterien für die Wahl der Versäuerung bei Brotteigen
Es gibt diverse Kriterien, die darüber entscheiden, wie viel Säure ins Brot gehört. D.h. es gibt keine pauschale Aussage die immer stimmt, wenn nur ein Parameter zutrifft. Es ist am Ende ein Zusammenspiel, dass ein wenig Erfahrung bedarf. Die kriegst du mit der Zeit, durch Erfolge und Misserfolge.
- Wie ist die gewünschte Säure/Milde?
Je saurer ein Brot werden soll, desto weniger Sauerteig würde ich verwenden. Durch weniger Sauerteig benötigt es mehr Zeit um den Teig zu fermentieren. Mehr Zeit bedeutet immer mehr Säureentwicklung. Das gleiche Prinzip wie beim Ansetzen des Sauerteigs an sich: Wenn du wenig Anstellgut nimmst, dann braucht es mehr Zeit um den Sauerteig fertigzustellen. Die Säuren können sich dann mehr entwickeln. Umgekehrt reift der Sauer bei viel Anstellgut schneller und hat gar keine Zeit komplexe Aromen und Säuren zu entwickeln. Er wird eher mild.
- Welches Mehl? Roggen und/oder Weizen?
Roggenmehl ist sehr enzymreich und benötigt Säure, damit diese Enzymaktivität gehemmt wird. Das schützt die Stärke des Mehles vor zu viel Abbau. D.h. würde man keine Säure einsetzen, würden die Enzyme viel zu schnell die mehleigene Stärke abbauen und es wäre nicht möglich ein ausreichendes Teiggerüst aufzubauen. Das ist bei Roggen ohnehin nicht so einfach, aber ohne Säure fast unmöglich. Nur mit speziellen, enzymarmen, Roggenmehlen ist das möglich. Bei Weizen sieht es etwas anders aus. Da gibt es diese Enzymproblematik nicht so extrem. Nur in Ausnahmefällen ist hier zu viel Enzymaktivität vorhanden. D.h. Roggenmehl muss mehr versäuert werden als Weizenmehl. Ab 20% Roggenanteil sollte man diesen Anteil verstärkt versäuern.
- Welche Mehltype wird verwendet?
Je mehr Schalenanteil das Mehl hat, desto mehr Enzyme sind in der Regel vorhanden. D.h. Vollkornbrot sollte mit mehr Versäuerung angesetzt werden als ein Weißbrot. Der Hinweis betrifft vor allem Weizen und Dinkel, da Roggen ja ohnehin versäuert werden sollte in hohem Anteil.
- Wie fest oder weich ist der Teig?
Je weicher der Teig, desto stärker sollte versäuert werden, damit überhaupt ein schönes Sauerteigaroma möglich ist. Wasser verdünnt Geschmack. Mit niedriger Versäuerung wird bei viel Wasseranteil das Brot sehr mild und weniger aromatisch.
- Wie groß/schwer ist das Brot?
Da große Brote im Ofen erst eine Weile benötigen, bis sie durchgebacken sind, sollte auch hier der Anteil Versäuerung höher angesetzt werden. Ansonsten dauert die enzymaktivste Zeit zu lange an und der Stärke-Abbau ist zu weit fortgeschritten. Das führt dann zu klitschigen Krumen. Das bedeutet, bäckst du sehr große Brote, solltest du mehr Sauerteiganteil verwenden. Dann wird während eines längeren Backvorgangs mit hoher Enzymaktivität der Abbau gehemmt.
- Wie viel Zeit soll vergehen bis der Teig reif ist?
Je länger der Teig reift, desto saurer wird er. Wenn du einen Teig für ein Weizenbrot mit 30% Versäuerung ansetzt und dann für 24 Stunden reifen lässt, wird das Brot vermutlich sehr sauer werden. Reift es in nur 5 Stunden, weil du den Teig wärmer gestellt hast, wird es milder. Die Säuren hatten weniger Zeit sich auszubreiten. Packst du deinen Teig über Nacht in den Kühlschrank, wirst du sehr lange und kalt den Sauerteig entwickeln sehen. Der Geschmack wird dadurch stark in die säurehaltige Richtung gedreht. D.h. je länger die Reife, desto weniger Sauerteig. Soll es schnell gehen, kann der Anteil Versäuerung erhöht werden.
- Wie warm ist es?
Wie im letzten Punkt angesprochen ist auch die Temperatur ein Faktor. Im Sommer reift dein Teig viel schneller. D.h. mit weniger Versäuerung wirst du ggfs. trotzdem gleich schnell den Teig fertig gereift sehen, als im Winter. Grund ist die Wärme, bei der sich die Hefen wohl fühlen und sich vermehren und die Fermentation vorantreiben. Die Reife ist schneller abgeschlossen. Man sagt immer, dass pro 5 Grad mehr sich die Reifezeit halbiert. D.h. du könntest bei 5 Grad mehr mit der Hälfte an Versäuerung theoretisch die gleichen Zeiten erreichen. Das ist aber sehr theoretisch und kann nur durch Ausprobieren wirklich bestätigt werden. Es gibt einige Parameter, die das zusätzlich beeinflussen (Sauerteigaktivität, Mehl, Temperatur Schüttflüssigkeit, …).
Quellen u.a.: Plötzblog, Brotbackbuch Nr. 4, brotkruemel.com