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Brotbacken: Sauerteig in Hefe umrechnen und umgekehrt

Mich erreicht immer wieder die Frage, wie man bei Sauerteig-Rezepten diese in Hefe-Varianten umrechnen kann. Oder auch umgekehrt, wie man aus reinen Hefebroten Sauerteigbrote machen kann. Hier meine Empfehlung, die deutlich davon abweicht, was häufig im Netz leichtsinnig empfohlen wird.

Was muss ich beachten, wenn ich Sauerteig in Hefe umrechnen will?

Es gibt so ein paar Dinge, die du tun musst, damit du überhaupt das Triebmittel tauschen kannst in einem Rezept:

Wenn du einen Sauerteig im Originalrezept hast und durch Hefe ersetzen willst, dann musst du die im Sauerteig verwendete Menge Mehl und Wasser dem Hauptteig zugeben. Beispiel:

Original-Rezept mit Sauerteig:
200g Sauerteig TA200 (also mit 100g Mehl und 100g Wasser angesetzt)
400g Mehl
250g Wasser
10g Salz

Umgerechnet mit Hefe:
200g Sauerteig TA200 (also mit 100g Mehl und 100g Wasser angesetzt)
500g Mehl (also +100g Mehl)
350g Wasser (also +100g Wasser)
10g Salz
x Gramm Hefe (wie viel, siehe weiter unten)

Du siehst, du musst die Rohstoffe im Sauerteig dem Hauptteig zugeben, damit die Mengen noch passen.

Beispiel andersherum, wenn du ein Hefe-Rezept in ein Sauerteig-Rezept umrechnen musst:

Original-Rezept mit Hefe:
500g Mehl
350g Wasser
10g Salz
5 Gramm Hefe

Umgerechnet mit Sauerteig:
x Gramm Sauerteig TA200 (z.B. 100g Mehl und 100g Wasser angesetzt)
400g Mehl (also z.B. -100g Mehl)
250g Wasser (also z.B. -100g Wasser)
10g Salz
5 Gramm Hefe

Hier musst du dann die Rohstoffe im Hauptteig abzweigen und in einem Sauerteig vorab reifen lassen. Der Sauerteig kommt dann als Ausgleich in den Hauptteig und ersetzt die Hefe.

So viel zur Theorie, ohne konkrete Angaben von irgendwelchen Prozenten oder Umrechnungsfaktoren.


Unterschiedliche Geschwindigkeit von Hefe und Sauerteig

Ein großer Unterschied zwischen Hefe und Sauerteig, ist die Power in der Fermentation. Mit entsprechender Zugabe reift dein Teig mit Hefe gegebenenfalls viel schneller, als dein Sauerteig. Mit einem ganzen Würfel Hefe kannst du 1kg Mehl problemlos in einer halben Stunde bis Stunde fermentieren. Mit Sauerteig dauert das viel länger, selbst wenn du die maximal empfohlene Menge ansetzt.

Wenn du Hefe und Sauerteig gemeinsam in einem Teig verwendest, übernehmen die Hefen auch ziemlich schnell das Kommando und sorgen für die Fermentation, während dann der Sauerteig nur noch eine geschmackliche Komponente einfließen lässt. Daher wird Hefe in Bäckereien gerne in Kombination mit Sauerteig verwendet, der nur noch für die Aromagebung zugesetzt wird. Die Hefe garantiert eine funktionierende Teigreife.


Geschmacklicher Unterschied zwischen Sauerteigbroten und Hefebroten

Ein Grund, wieso ich nicht empfehle Rezepte umzurechnen, ist die geschmackliche Komponente: Ein Sauerteigbrot schmeckt ganz anders, als ein Hefebrot. Hier sind komplexere Aromenspiele gewünscht und möglich. D.h. selbst wenn du das Brot dann nachbacken kannst in einer Hefe-Version, wird es ein anderes Brot sein. Und umgekehrt haben Hefe-Gebäcke häufig andere Charakteristiken in der Krume und Luftigkeit, die dann mit Sauerteig getrieben nicht oder anders zu Tage kommen. Also auch hier wieder eine Ungewissheit, ob das Umrechnen Sinn macht und was dann am Ende dabei herauskommt.

Sauerteig-Vollkornbrot, das mit Hefe niemals das gleiche Aroma erreichen würde:


Roggensauerteig durch Hefe ersetzen

Bei Roggenbroten oder roggenlastigen Broten empfiehlt es sich gar nicht den Sauerteig durch Hefe zu ersetzen. Roggenbrote benötigen eine gewisse Säure um genießbar zu bleiben und auch dafür, dass sie korrekt fermentieren bzw. überhaupt backfähig werden und ein Teiggerüst aufbauen können. Auch wenn modernere Sorten weniger oder kaum Säure benötigen, schmecken Roggenbrote ohne Sauerteig einfach überhaupt nicht.


Empfehlungen im Netz, wie man Hefe und Sauerteig umrechnen kann

Kommen wir mal zu den allgemein verfügbaren Empfehlungen was die Umrechnung von Sauerteig in Hefe angeht. Übliche Empfehlung ist ein Faktor von 7. 

Das heißt, bei einem Faktor von 7 würden bei 140g Sauerteig 20g frische Hefe alternativ verwendet werden. Also

140g : 7 = 20g

Andersherum würde bei einem Rezept mit 5g frischer Hefe nach dieser Rechnung 35g Sauerteig ausreichend sein um ein Brot zu treiben. Also

5g x 7 = 35g

Das hier was nicht stimmen kann, merkt man sofort, wenn man sich etwas mit der Erstellung von Brotrezepten mit Sauerteig beschäftigt hat. Wie viel Sauerteig in einen Teig kommt, habe ich hier mal in einem Artikel erklärt. Kurzform: Bei Weizenbroten oder weizenlastigen Broten wird ca. 10 bis 30% der Mehlmenge versäuert. Bei 500g Mehl im Rezept wären das 50-150g Mehl + das Gleiche an Wasser + das Anstellgut. Also zum Beispiel 100-300g Sauerteig werden dann dem Hauptteig zugegeben. Du siehst den Unterschied. 

Der Faktor 7 ist also Quatsch und kann nicht Verwendung finden (wenn überhaupt ein Faktor sinnvoll angewandt werden kann).


Meine Erfahrung und Versuch

Grundsätzlich bin ich also kein Fan davon Brot-Rezepte umzubauen. Der Grund hier noch einmal anders erklärt: Der Entwickler des Rezepts hat sich Gedanken gemacht zu diesem Rezept, hat evtl. einige Versuche gebraucht um das perfekte Brotrezept zu erreichen. Das Triebmittel zu tauschen wäre ungefähr vergleichbar damit, in einen Mercedes einfach mal so einen Ford Motor einzubauen. Die Grundkonzeption ist ähnlich, die Leistung wird aber sicher anders sein und wer weiß, ob das Auto dann noch fährt. So ist das auch mit der Hefe und dem Sauerteig. 

Nichtsdestotrotz möchte der eine oder die andere Rezepte umbauen, weil z.B. kein Sauerteig vorhanden ist oder weil umgekehrt vornehmlich mit Sauerteig gebacken werden soll. Daher habe ich selber einen Versuch gestartet um herauszufinden, wie viel Hefe man benötigt, um einen Sauerteig im Rezept zu ersetzen und umgekehrt.

Versuchsaufbau

Ich habe die gleiche Menge Mehl und Wasser mit unterschiedlichen Hefe-Mengen einem Vergleichs-Sauerteig gegenübergestellt:

Vergleichs-Sauerteig:

50g Mehl
35g Wasser
18g Anstellgut Sauerteig TA200

Hefe-Varianten:

59g Mehl
44g Wasser
1g frische Hefe (Faktor 18)

59g Mehl
44g Wasser
1.5g frische Hefe (Faktor 12)

59g Mehl
44g Wasser
2g frische Hefe (Faktor 9)

59g Mehl
44g Wasser
2.5g frische Hefe (Faktor ~7)

Alle Vergleichs-Gläser wurden ein paar Stunden stehen gelassen. Ich zeige hier die Stände nach 3h Reifezeit.

Und nach 4 Stunden habe ich nur noch den Sauerteig und die Hefe-Variante mit dem Faktor 18 reifen lassen, weil die anderen ansonsten das Glas gesprengt hätten.

Du siehst hier, dass selbst beim Faktor 18 eine fast doppelt so schnelle Fermentierung stattfindet. Der Faktor 7 ist also völlig falsch.


Ist es nicht egal, ob Sauerteig und Hefeteig unterschiedlich schnell fermentieren und aufgehen?

Die Qualität eines Brotes hängt von der Reifezeit ab. Je schneller ein Brot reift, desto langweiliger schmeckt es. Die Zeit ist essentiell. Und: Zeitpläne im Rezept richten sich nach der Geschwindigkeit des Triebmittels. Auch die Entscheidung über kalte Gare (also sehr lange) oder Gare bei Zimmertemperatur hängt davon ab. Mit 20g Hefe kannst du schlecht 24h im Kühlschrank reifen lassen. Der Teig würde überreif werden. 


Abhängigkeit von der Stärke des Sauerteigs und Frische der Hefe

Die Umrechnung von Sauerteig und Hefe ist also gar nicht so einfach. Ein wichtiger Faktor ist auch die Power des Sauerteigs oder auch die Frische der Hefe (außer, du verwendest Trockenhefe). Ich verwende Bio Hefe, die nach 2 Wochen merklich nachlässt. Und ein Sauerteig, der nicht mind. alle 2-3 Tage gefüttert wird, hat auch nicht die vergleichbare Power. Ein alle 7 Tage gefütterter Sauerteig wird längere Zeit benötigen einen Teig zu fermentieren als ein Sauerteig, der täglich gefüttert wird. Du siehst auch hier, dass es einfach viele Faktoren gibt, die in die Umrechnung hineinspielen.


Meine Empfehlung: Wie kann ich Sauerteig in Hefe umrechnen und umgekehrt?

Lange Rede, kommen wir zu einer Empfehlung:

  • Versuche Brote so zu backen, wie sie im Rezept konzipiert wurden
  • Suche dir Rezepte, die zu dir passen und baue nicht Rezepte um
  • Wenn du trotzdem umrechnest, dann nicht unter dem Faktor 20-25 ( vergiss den Faktor 7! )
  • Arbeite bei Umrechnung mit Hefe-Vorteigen, um die Menge an Hefe zu reduzieren 
  • Bei Trockenhefe musst du das Ganze nochmal durch 3 rechnen (weil 1g Trockenhefe = 3g frische Hefe)
  • Prüfe ob dein Sauerteig fit ist und ob die Hefe noch frisch ist
  • Ersetze keine Roggensauerteige durch Hefe

Rechenbeispiel mit Faktor 25

Bei 150g Sauerteig (fit)
150 : 25 = 6g frische Hefe : 3 = 2g Trockenhefe

Und: Nicht vergessen (!) dann noch die Mehl- und Wassermenge, wie oben beispielhaft gezeigt, dem Hauptteig neben der Hefe zuzugeben.


Sauerteig-Rezepte mit Hefe-Vorteigen umrechnen

Hier ein Tipp, aber keine konkrete Mengenangabe: Wenn man mich fragen würde, wie ich 200g fertigen Sauerteig im Rezept durch Hefe ersetzen würde, würde ich folgenden Ansatz verfolgen:

Vortag

Vorteig
100g Mehl
100g Wasser
1g frische Hefe
Über Nacht reifen lassen

Backtag

Hauptteig
den Vorteig zugeben + 1g frische Hefe

Grund: Die Menge an Hefe ist gering, die Reifezeit wird nicht zu schnell gepusht. Am Ende ein ausgewogeneres Ergebnis. Aber auch hier wird das Brot einen anderen Charakter haben.

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8 Antworten
  1. Andrea

    Hallo,
    mir geht es um ein Rezept, in dem bereits Sauerteigstarter und Hefe vorgesehen sind.
    Im Vorteig sind 50g Roggen-Anstellsauer und 500g Wasser vorgesehen.
    Im Hauptteig kommen dann 30g Hefe und 400g Wasser dazu.
    Wenn möglich würde ich gerne z.B. mehr Sauerteig verwenden und die Hefe um 10 (oder mehr) reduzieren.
    Bin gespannt und wünsche einen schönen Abend!
    Andrea

    1. René von brooot.de

      Hi Andrea, hast du ein Rezept bzw. was soll es denn am Ende für ein Brot werden? Pauschal lässt sich nur sagen, dass du zB mit 100g Sauerteig und max. 1g frischer Hefe (je nachdem wie fit der Sauerteig ist) arbeiten kannst. Die große Menge Hefe ist nicht nötig. Die Reifezeit verlängert sich, dafür wird das Brot aromatischer.

  2. Peter

    Ganz ehrlich, ich habe lange gebraucht, bis ich einen guten Sauerteig gezüchtet hatte -also einen wirklich guten.

    Das mit den Roggenbroten und Sauerteig wird sicher stimmen was du sagst, ich habe noch das Problem, dass Rezepte mit Sauerteig oft nicht gelingen, und außerdem mag ich persönlich die Säure gar nicht so …

    Ich habe bestimmt schon 40 bis 60 verschiedene Brote gebacken und mich immer auf das Rezept verlassen oder halt die Umrechnung vom Bäcker, die vorgegeben wurde.

    Ich habe vor fünf Wochen meinen Sauerteig endgültig entsorgt, da ich ihn jede Woche pflegen und füttern muss und praktisch nie verwende …

    Das mit dem Umrechnen hat mich doch zum Nachdenken gebracht … ich möchte noch sagen, dass ich seit Jahren Abonnent von Marcel Paa bin und mit den Ergebnissen sehr zufrieden.

    bin durch Zufall auf eure Seite gestoßen, gefällt mir sehr gut was ich hier lese.

    Freue mich über einen Kommentar bzw. eine Antwort und bedanke mich schon jetzt.

    Mit den besten Wünschen für ein spannendes Leben

    1. René von brooot.de

      Sauerteigbrote kannst du auch mild backen. Dann mit kürzerer Reifezeit durch mehr Sauerteig und/oder mehr Teigtemperatur. Milder sind eher Mischbrote, Roggen ist generell etwas saurer im Sauerteig. Vielleicht kommst du damit besser zurecht. Ansonsten hilft etwas Hefe einem schwachen Sauerteig (der nicht so oft gefüttert wurde) auf die Sprünge und lässt den Teig schneller reifen und auch das Brot milder werden.

  3. Achi

    Hallo,

    also ich glaube der Faktor 7 gilt für die Menge das Anstellgutes um einen Sauerteig als Vorteig zu ersetzen.

    Also einfachhalber Beispiel: Sauerteig aus: 14 g Anstellgut /x g Mehl / x g Wasser …
    Dann wäre der Frischhefeanteil 2 g statt 14 g Anstellgut.

    Das wäre wohl eher ein Schuh . Kann mich natürlich auch täuschen 🙂

    Grüßle
    Achi

    1. René von brooot.de

      Ich denke nicht. Wie du schon schreibst, ist ja die Menge Mehl und Wasser sehr variabel nach Rezept. Du kannst aus 14g Anstellgut 42g Sauerteig herstellen oder auch 420g Sauerteig. 420g Sauerteig verhalten sich im Hauptteig aber ganz anders als 2g frische Hefe mit der entsprechenden Menge Mehl und Wasser zugesetzt.

  4. Tobias

    Vielen Dank!
    Ich werde es einmal ausprobieren, bin beim Backen sehr experimentierfreudig.
    Mein aktuelles Brot hat auch eine Weile gedauert bis ich zufrieden mit dem Ergebnis war.
    Bevorzuge Sauerteig, da er immer da ist und ich nur Mehl und Salz zukaufen muss.

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Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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