Du hast deinen Sauerteig versehentlich nach dem Füttern zu warm gestellt oder zu warmes Wasser verwendet und jetzt ist er völlig inaktiv? Hier zeige ich dir, wie du herausfinden kannst, ob dein Sauerteig tot ist oder ob du ihn noch wiederbeleben kannst.
Wieso sollten Sauerteige nicht zu warm werden?
Zur Beantwortung der Frage zuerst eine kurze Übersicht darüber, wie warm Sauerteige reifen sollten. Ein Sauerteig reift am besten zwischen 22 und 30 Grad, je nachdem welche Sorte es ist:
- Dinkelsauerteige reifen am besten bei 22-25 Grad
- Weizensauerteige reifen am besten bei 24-28 Grad
- Roggensauerteige reifen am besten bei 26-30 Grad
Diese Angaben sind keine Gesetze, sondern Erfahrungswerte. 1 Grad mehr oder weniger ist in der Regel nicht problematisch.
Sauerteig lange bei über 30 Grad gereift
Zur Frage zurück: Bei hohen Temperaturen (über 30 Grad) vermehren sich die Hefen nicht so stark, dafür aber die Milchsäurebakterien umso mehr. Es wird vermehrt Milchsäure produziert, was den Sauerteig mild-säuerlich macht. Die Hefen vermehren ihre eigene Population nur sehr langsam bei diesen Temperaturen. Was dazu führt, dass über die gewohnte Reifezeit zu wenig Hefe-Aktivität und somit Treibstärke entwickelt wird. Heißt: Der Sauerteig schmeckt, treibt und wächst aber nicht mehr.
Sauerteig bei über 45-50 Grad gereift
Ab ca. 45-50 Grad sterben die Hefen langsam aber sicher ab. Zuerst nimmt die Triebstärke der Hefen ab und dann nach und nach die Population. Evtl. halten die einen oder anderen Hefen auch diese Temperaturen durch, die Gesamtmenge an Hefe pro Gramm Sauerteig wird aber so stark minimiert, dass der Sauerteig mit der Zeit als „tot“ gilt. Dann heißt es: Sauerteig neu ansetzen.
Ungleichgewicht zwischen Hefen und Milchsäurebakterien
Angenommen du würdest deinen Sauerteig immer wieder und längere Zeit bei über 30 Grad reifen lassen und dann Anstellgut von diesem Sauerteig für einen neuen Sauerteig-Ansatz verwenden…dann würdest du eine schwache Population an Hefen in den neuen Sauerteig-Ansatz „impfen“. Je weniger Anstellgut im Verhältnis zum Mehl du verwendest, desto niedriger ist dann die Hefeanzahl in diesem neuen Ansatz pro Gramm. Ein solcher Ansatz braucht entweder ewig, bis er dann aufgeht oder er geht gar nicht auf (was du als „tot“ empfinden könntest).
Das Ungleichgewicht zwischen den Hefen und Milchsäurebakterien sollte einigermaßen ausgeglichen sein, was durch die korrekte Fütterungsumgebung und Pflege auch automatisch passiert (messen kannst du das ohnehin nicht). So kannst du sicherstellen, dass du auch bei kleineren Mengen Anstellgut ausreichend Hefen in den Sauerteig-Ansatz gibst.
Reaktivierungsversuch von Sauerteig – So kannst du deinen schwachen Sauerteig (hoffentlich) retten
Bevor du neu beginnst und deinen alten, lieb gewonnenen, Sauerteig entsorgst, kannst du noch einen letzten Reaktivierungsversuch starten. Gehe dabei folgendermaßen vor:
- Verwende anteilsmäßig viel Anstellgut, um möglichst viele Hefen in den neuen Sauerteig einzuimpfen (Nimm zB die gleiche Menge Anstellgut zu Mehl und Wasser: 1:1:1)
- Stelle die Temperatur auf 26-28 Grad ein (bei Dinkel 24-26 Grad)
- Verwende Vollkornmehl für den Versuch, weil Vollkornmehl Sauerteige schneller reifen lässt
- Reibe etwas Bio-Apfel mit Schale und gebe diesen in den Sauerteig
- Verwende keine zu hohe Hydration, um die Volumenzunahme besser einzuschätzen, wenn dein Sauerteigansatz zu weich wird (80% Wasseranteil, also dann 1:1:0.8)
Wenn dann nach 3-4 Stunden keine Aktivität zu sehen ist, dann ist dein Sauerteig wohl tatsächlich tot und kann begraben werden. Wenn doch, dann lass ihn bis zum Peak reifen und füttere danach erneut weiter. Dann zB im Verhältnis 1:2:2 und danach nochmal 1:5:5, bis er wieder fit ist.