Du hegst und pflegst deinen Sauerteig, aber irgendwie braucht er sehr lange bis er endlich reif wird. Das kann verschiedene Gründe haben: Die Reifezeit hängt ab von verschiedenen Faktoren des Sauerteig-Ansatzes. Und manchmal sind Sauerteige auch einfach nicht fit oder triebschwach. Das alles erkläre ich dir hier.
Wir alle hätten gerne, dass unsere Sauerteige wie Uhrwerke funktionieren und in kurzer Zeit abliefern. Und viele unter uns wissen gar nicht so richtig, wie ein Sauerteig funktioniert. Welche Faktoren eine Rolle dabei spielen, wie schnell ein Sauerteig so reifen kann. Die da unter anderem wären:
- Menge Anstellgut (also alten Sauerteig mit dem du den neuen Sauerteig ansetzt) im Verhältnis zum Mehl
- Temperaturen im Teig und Raum
- Fitness der Mikroorganismen (vor allem der Hefen)
- Die Auffrisch-Frequenz
- Das Timing bei der Auffrischung
- Mehlsorte
6 Faktoren, die dazu führen können, dass dein Sauerteig langsam reift
Diese 6 Faktoren sind maßgeblich dafür verantwortlich, ob dein Sauerteig reif wird und auch wie schnell er das tut. Insofern du denn überhaupt erkennen kannst, ob dein Sauerteig reif ist. Das ist ebenfalls ein wichtiger Faktor, den nur du beeinflussen kannst. Hier erkläre ich dir, wie du erkennst, wann dein Sauerteig reif ist. Kommen wir zurück zu den 6 Faktoren:
Menge Anstellgut im Verhältnis zum Mehl
Gehen wir davon aus, dass dein Sauerteig fit ist: Dann ist der wichtigste Faktor für die Reifezeit die Menge des Anstellguts die du verwendet hast, um deinen Sauerteig anzusetzen. Das Anstellgut ist ja der Rest an Sauerteig, der übrig ist von der letzten Fütterung. Meist lagert der im Kühlschrank und wird dann herausgenommen, wenn der Sauerteig entweder in einem Rezept verarbeitet werden soll oder aber einfach nur gefüttert, um ihn auf Trab zu halten.
Je mehr Anstellgut du im Verhältnis zum Mehl verwendest, desto mehr Hefen und Milchsäurebakterien gibst du in dieses Gemisch. Und je mehr Hefen du zugibst, desto schneller geht die Fermentation von Statten. Die Logik dahinter: je mehr Mikroorganismen zu Beginn, desto stärker und schneller ihre Vermehrung und desto schneller die Verstoffwechslung der Nahrung im Sauerteig (Stärke des Mehls wird umgewandelt) und desto eher geht dein Sauerteig auf und reift in kurzer Zeit.
Im Umkehrschluss dazu: Wenn du sehr wenig Anstellgut verwendest, dauert es sehr lange, bis die Mikroorganismen eine gewisse Population aufgebaut haben und bevor die Fermentation so richtig in Gang kommt.
Es gibt Rezepte, die arbeiten mit viel Anstellgut und andere, die arbeiten mit wenig Anstellgut. Die mit viel Anstellgut geben meist eine kurze Reifezeit von 4-6 Stunden (oft auch bei höheren Temperaturen) an. Die mit wenig Anstellgut geben oft längere Reifezeiten von 10-16 Stunden an (meist bei normaler Raumtemperatur).
Fazit: Wundere dich also nicht, wenn du A) wenig Anstellgut verwenden sollst und wenn B) die Reifezeiten sehr lang angesetzt wurden oder C) du bei einem eigenen Rezept-Versuch etwas länger warten musst, wenn du die Anstellgut-Menge vielleicht falsch berechnet hast.
Temperaturen im Teig und Raum
Der 2. Faktor, der besonders starken Einfluss auf die Reifezeit deines Sauerteigs nimmt ist die Temperatur: Die meisten Beginner ignorieren diesen Faktor, dabei ist er doch so wichtig. Auch ich musste erst lernen, dass bei höherer Temperatur ein Teig schneller reift und im Gegensatz dazu bei niedrigeren Temperaturen Sauerteige und andere Teige mehr Zeit benötigen. Man sagt: pro 5 Grad mehr im Raum und/oder Teig halbiert sich die Reifezeit. Und somit: wenn dein Teig oder der Raum 5 Grad kühler sind, dann verdoppelt sich die Reifezeit.
Wurde in einem Rezept (ich gebe das meist an) die Raumtemperatur mit 22 Grad angegeben, deiner hat aber nur 17 Grad, verdoppelt sich die zu erwartende Reifezeit. Oft ist der Raum ähnlich warm oder kalt, aber der Teig vielleicht nicht. Auch dann verändert sich die Reifezeit stark. Ist im Rezept von 28 Grad im Teig die Rede, wird ein 23 Grad kühler Teig deutlich länger reifen müssen.
Fazit: Das Thermometer ist dein Freund. Ich empfehle ein Stab-Thermometer zu verwenden, (Beispiel bei Amazon; Partnerlink*).
Fitness der Hefen oder auch das Alter des Sauerteigs
Während die Menge des Anstellguts und auch die Temperatur „relativ“ leicht zu beeinflussende Faktoren sind, ist die Fitness deiner Mikroorganismen schwieriger einzuschätzen. Recht einfach zu sagen ist, dass je älter dein Sauerteig ist, desto schwächer wird er sein und desto geringer wird vermutlich die Mikroorganismen-Population darin sein. Ein Sauerteig, den du nur alle 7 Tage fütterst, hat am 7. Tag keine besondere Fitness mehr. Einen Tag nach der Fütterung sind die Hefen und Milchsäurebakterien dagegen noch frisch und munter.
Ich empfehle hier immer den Sauerteig alle 2-3 Tage zu füttern. So bleibt er fit und kann fast jederzeit für einen Brotansatz oder Sauerteigansatz verwendet werden. Der Zeitaufwand der Fütterung ist nicht besonders groß, die Ergebnisse deiner Brotback-Aktionen dafür umso besser. Die Fitness des Sauerteigs zeigt sich nicht nur in zuverlässigen Reifezeiten, sondern auch in besser schmeckenden und besser aussehenden Broten. Hier habe ich dir viele Infos zur Fitness deines Sauerteigs zusammengestellt.
Fazit: Füttere häufiger und lasse deinen Sauerteig nicht zu alt werden. Nur dann wird er fit und munter sein und die Vorgaben aus Rezepten umzusetzen ermöglichen.
Die Auffrisch-Frequenz
Ein triebiger Sauerteig lebt von regelmäßiger Pflege. Wenn du dein ASG nur alle paar Wochen nutzt, verhungern die Hefen langsam. Die Milchsäurebakterien sind oft robuster, aber auch sie profitieren von frischer Nahrung. Je häufiger und regelmäßiger du fütterst, desto resilienter und triebstärker wird dein Sauerteig und desto zuverlässiger wird die Reifezeit eingehalten, die in Rezepten vorgegeben wird. Wenn du eine längere Pause machst (zum Beispiel, wenn du in den Urlaub fährst), plane vor dem nächsten Backen zwei bis drei Auffrischungen in kurzen Abständen ein, um die Mikroflora wieder aufzubauen und fit fürs Backen zu machen.
Fazit: Füttere regelmäßig!
Das Timing bei der Auffrischung
Ein häufiger Fehler ist, das Anstellgut zu früh nach dem letzten Auffrischen weiterzuverwenden – etwa, wenn es gerade erst angestiegen ist. Die Mikroorganismen brauchen aber Zeit, um sich richtig zu entwickeln. Der Sauerteig sollte immer dann wieder verwendet werden, wenn er schon am „Peak“ gewesen ist (also am höchsten Punkt der Wölbung, bevor er wieder in sich zusammenfällt und abbaut).
Wenn Du zu früh fütterst, nutzt du einen noch trägen, kaum aktiven Sauerteig mit schwacher und vielleicht zu kleiner Hefen-Population. Je häufiger du das machst, desto weniger Hefen und Milchsäurebakterien wirst du in die nächste Generation deines Sauerteigs überführen. Das Anstellgut wird schwächer und schwächer.
Auf der anderen Seite: Fütterst du zu spät, ist das „Futter“ schon verbraucht, die Hefen und Bakterien sind erschöpft, hungern und sterben nach langer Zeit nach und nach ab. Füttere also deinen Sauerteig nicht erst, wenn er schon völlig fertig im Glas hängt. Er sollte noch Stand haben, noch Bläschen aufweisen und nicht zu flüssig geworden sein.
So zB sieht so ein Anstellgut aus, wenn es noch fit ist:
Fazit: Füttere deinen Sauerteig im richtigen Moment: nicht zu früh und nicht zu spät. Also nicht, wenn er noch nicht so weit gereift ist, wie er sollte und nicht erst dann, wenn schon viel Treibkraft und Mikroorganismen im Anstellgut verloren gegangen ist.
Mehlsorte
Selbst die Mehlsorte kann einen Unterschied bei der Reifezeit machen oder auch dafür verantwortlich sein, wenn dein Sauerteig nicht richtig aufreift. Ein Vollkornmehl zum Beispiel lässt deinen Sauerteig in der Regel schneller reif werden als ein helles Auszugsmehl (zB Typ 550 oder 997). Zudem kommt es immer wieder vor, dass Mehle eine zu starke oder auch zu schwache Enzymatik aufweisen. Was zu einem zu schnellen Abbau des Sauerteigs führen kann oder, im Falle von sehr wenig Enzymatik, von ausbleibender Fermentation. Wenn alles eigentlich passen sollte, könntest du testweise mal zu einem anderen Mehl greifen. Es kommt selten vor, aber es passiert immer wieder, dass das Mehl Probleme macht.
Dazu kommt:
Nicht jedes Mehl ist gleich. Roggenmehl enthält mehr Nährstoffe für die Mikroorganismen, wodurch der Sauerteig oft schneller reift. Weizen- oder Dinkelmehl liefern weniger „Futter“, hier dauert es manchmal länger, bis der Sauerteig richtig aktiv ist (der Unterschied ist allerdings meist zu vernachlässigen). Auch die Frische des Mehls spielt eine Rolle – altes, ausgelaugtes Mehl kann die Mikroben ausbremsen.
Fazit: Wenn dein Sauerteig nicht in die Gänge kommt: Mal das Mehl tauschen und prüfen, ob sich dann etwas verändert.
Zusammengefasst
Hier noch einmal zusammengefasst, was du beachten solltest, wenn dein Sauerteig mal nicht so schnell reifen sollte, wie du dir das vorstellst:
- Stelle sicher, dass dein Anstellgut fit und nicht zu alt ist.
- Achte auf die Temperatur: Ideal sind 24–28 °C für die Reife im Raum. Im Teig mindestens 23 Grad, maximal 30 Grad (nur bei Roggenteigen).
- Passe die Anstellgutmenge an: Mehr Anstellgut beschleunigt die Reife, weniger sorgt für mehr Aroma, aber auch für längere Wartezeit (kommt aber auf das Rezept an).
- Nutze frisches Mehl, tausche es mal durch bei undefinierbaren Problemen.
- vermeide eine zu frühe oder zu späte Weiterverwendung nach dem Auffrischen.
Weitere Gründe, die die schnelle Reifung deines Sauerteigs behindern könnten:
- Zu hohe Hydration: Sehr weicher Sauerteig hält Gase schlecht, wirkt „träge“, auch wenn er es gar nicht ist.
- Ungünstiges Mehl-Wasser-Verhältnis: Zu fest oder zu flüssig hemmt die Mikroben.
- Zu altes/junges Anstellgut: Übersäuerung (zu niedriger PH-Wert) oder zu wenig Mikroben-Vielfalt.
- Wasserqualität: Gechlortes oder mineralarmes Wasser schwächt die Mikroorganismen.
- Schlechte Lagerung des Anstellguts: Zu warm/kalt oder zu lange gelagert.
- Rückstände von Spülmitteln: Schädigen die Mikroorganismen.
- Ungeeignete Gefäße: zu große Behälter können die Aufreifung stören oder aber als unzureichend darstellen (wegen der schlechter erkennbaren Volumenzunahme).
- Ungeeignete Gefäße: Metall (vor allem Alu) kann die Säurebakterien stören.
- Unerwünschte Umweltkeime: Stören das Gleichgewicht der Mikroflora.
- Salzrückstände: Schon Spuren stören die Gärung -> saubere Utensilien!
- zu warm: Lass deinen Sauerteig nicht zu warm reifen. Stelle ihn zB nicht auf die Heizung.