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Wie schnell kann ich ein Sauerteigbrot maximal backen?

Auch immer auf der Flucht? Beim Brotbacken ist es eigentlich keine gute Idee so schnell wie möglich fertig zu werden. Du verspielst jede Menge Potential dabei. Was Geschmack angeht und auch was die Verträglichkeit betrifft. So schnell kannst du ein Sauerteigbrot backen und diese Tipps helfen dir schneller fertig zu werden (wenn du das überhaupt möchtest).

Ein gutes Sauerteigbrot braucht Zeit

Genau so ist es! Wenn du ein richtig gutes Sauerteigbrot backen willst, dann lässt du dem Teig Zeit. Durch Zeit wird es leckerer und auch besser verträglich. Das heißt noch lange nicht, dass du viel Arbeitszeit benötigst, aber die Reifezeit sollte maximal sinnvoll ausgedehnt werden. Reifezeiten von 16 bis 48 Stunden sind heutzutage durchaus üblich. Extremisten gehen sogar bis zu 72 Stunden, wobei das dabei entstehende Brot schon eine Menge Säure aufweist und nur etwas für LiebhaberInnen ist.

Aber wie viel Zeit ist wirklich nötig, um ein gutes Brot zu backen? 5 Stunden? 10 Stunden? 24 Stunden? Das lässt sich so einfach nicht beantworten.

Du kannst auch ein gutes Sauerteigbrot mit einer Reifezeit unter 10 Stunden oder gar 5 Stunden backen. Du holst dadurch vielleicht nicht das Maximum heraus, aber zumindest ein vernünftiges Brot kannst du produzieren. Wie kann man aber die Parameter im Brot so berechnen, dass die Zeit im Rahmen bleibt?

Faktoren, die die Reifezeit eines Sauerteigbrots beeinflussen

Es gibt diverse Faktoren, die die Reifezeit deines Sauerteigbrots beeinflussen und die du verändern kannst:

  • Menge Sauerteig
  • Qualität Sauerteig
  • zusätzlich geplante Hefemenge
  • Temperatur Teig
  • Temperatur Raum
  • Wasseranteil
  • Vorteige
  • Brotsorte
  • Teigmenge

Ich versuche das Ganze mal anhand eines Fallbeispiels zu erklären:

Du willst das folgende Brot backen:

  • 1000g Mehl
  • davon 20% versäuert
  • also 200g Mehl im bereits fertigen Weizensauerteig
  • zusätzlich 1g frische Hefe, weil der Sauerteig nicht der Fitteste ist
  • die Teigtemperatur liegt bei 25 Grad
  • die Raumtemperatur liegt bei 20 Grad
  • du hast keinen Vorteig, sondern wirfst alles zusammen in einen Topf und verknetest

=== die Reifezeit in der Stockgare liegt angenommen bei 6 Stunden, die Stückgare geformt bei 1 Stunde. Somit reift dein Brot insgesamt in 7 Stunden zum backfertigen Zustand. Mit dem Zeitaufwand für das Kneten liegst du also bei ca. 7 1/2 Stunden Zeit insgesamt. 

Wie kannst du nun die Reifezeit dieses Brotrezepts verkürzen?

  1. Mehr Sauerteig verwenden
    Durch mehr versäuerten Anteil am Mehl, also mehr Sauerteig, wird dein Brot schneller reifen. Gehst du auf 30 bis 40% Sauerteiganteil (was bei Roggen üblich ist, bei Weizen eher unüblich) reift dein Brot deutlich schneller. Aber: Das Brot wird dadurch auch saurer werden. Die Grenze von 40% bei Weizen und 50% bei Roggen würde ich nicht überschreiten, weil das Brot dann nicht mehr ausgewogen schmeckt und die Krume und das Brot ansich durch zu viel Sauerteiganteil leidet.
  2. Mehr Hefe zusetzen
    Die typischste Möglichkeit den Brotteig schneller reifen zu lassen, wäre die Hefemenge zu vergrößern. Das geht natürlich nur, wenn du überhaupt Hefe eingeplant hast. Wenn keine Hefe geplant war, könntest du Hefe zusätzlich einsetzen, damit dein Sauerteigbrot schneller reift. Aber: Das Brot wird dadurch weniger aromatisch bzw. milder. Durch mehr Zeit und sehr wenig bis gar keine Hefe wird das Brot immer besser schmecken. Dann spielt der Sauerteig seine Power und seine Aromatik aus. Sauerteig+Zeit=Geschmack.
    Es gibt Rezepte, die mit 1 Stunde Reifezeit angeben, dafür aber einen ganzen Würfel Hefe (42g) zusetzen. Das hat dann nichts mehr mit einem guten Brot, geschweige denn mit einem Sauerteigbrot zu tun. Bis zu 1% Hefezusatz zur Mehlmenge würde ich einem Sauerteigbrot noch zugestehen. Dann wird es schon eng mit der korrekten Bezeichnung des Brots und natürlich auch mit dem Charakter, der sich mit mehr Hefemenge immer mehr von einem typischen Sauerteigbrot entfernt.
  3. Die Teigtemperatur erhöhen
    5 Grad mehr Teigtemperatur lässt die Reifezeit des Brots halbieren. Zumindest ist das bei Hefebroten so, aber auch ähnlich bei Sauerteigbroten. Weizenbrote werden bei 24 bis 27 Grad geführt. D.h. wenn du die Teigtemperatur erhöhst, verkürzt sich automatisch die Reifezeit. Aber: je höher die Temperatur, desto schnellere Reife, desto weniger Aromen können die Hefen und Milchsäurebakterien erzeugen, desto weniger Geschmack. Und: du kannst nicht unendlich die Teigtemperatur erhöhen, ohne die Mikroorganismen zu zerstören.

    Fiktives Beispiel Reifezeitentwicklung durch Wärme im Teig:
    20 Grad Teigtemperatur und Reifezeit 12 Stunden (zu kühl, zu sauer)
    25 Grad Teigtemperatur und Reifezeit 6 Stunden (perfekt)
    30 Grad Teigtemperatur und Reifezeit 3 Stunden (zu warm, zu mild)
    35 Grad Teigtemperatur und Reifezeit 2 Stunde (zu warm, zu mild, Problem für Mikroorganismen)

    Die Teigtemperatur erhöhst du durch wärmere Zutaten. Hier ist vor allem das Schüttwasser zu nennen. Es macht einen Unterschied, ob dein Wasser kalt mit 16 Grad oder warm mit 40 Grad aus dem Wasserhahn kommt.  
  4. Raumtemperatur erhöhen
    Genauso verhält es sich mit der Raumtemperatur (Zimmer oder Gärbox): Ist diese höher, reift der Teig schneller. In einer ähnlichen Tempoentwicklung wie bei der Teigtemperatur zu sehen. Pro 5 Grad sagt man, die Reifezeit halbiert sich. Das liegt daran, dass der Teig sich an die Raumtemperatur ja anpasst. Und somit ist am Ende auch immer die Kombination aus Teigtemperatur und Raumtemperatur darüber entscheidend, wie schnell der Teig wirklich reift. Ein sehr kalter Teig in einem sehr warmen Raum gleicht sich an und umgekehrt. Übliche Raumtemperaturen sind 19-24 Grad. Im Hochsommer kann die Raumtemperatur schon höher sein (die Teigtemperatur auch), so dass dann die Teige meistens schneller reifen, wenn man keine speziellen Maßnahmen unternimmt. Aber: Auch hier gilt, dass eine schnellere Reife im sehr warmen Raum ein milderes, ggfs. faderes Brot hervorruft.
  5. Vorteige verwenden
    Der Sauerteig ist ein Vorteig, das ist klar. Aber auch Hefe-Vorteige, wie der Poolish, können einem Sauerteigbrot zugesetzt werden. Es ist dann schon ein weiterer Anteil an Mehl bereits fermentiert, es ist mehr Hefe vorhanden und das verkürzt am Ende die Reifezeit des gesamten Teigs im Hauptteig. Natürlich müsste man dann aber die Zeit für den Vorteig auch in die Gesamtdauer des Brots mit einberechnen. Nichtsdestotrotz verkürzt sich am Backtag die Wartezeit, so dass das ein legitimer Weg ist Zeit zu sparen. Aber: Das Sauerteigbrot hat natürlich einen ganz anderen Charakter, wenn Hefe direkt oder in Form eines Hefe-Vorteigs zugesetzt wird.

Schnelle Sauerteigbrote schmecken fad

Du merkst, du kannst die Reifezeit verkürzen. Das geht sogar auf 1-3 Stunden, mit entsprechender Menge an Triebmittel und vor allem der passenden Temperatur im Teig und Raum. Diese „Abkürzungen“ fordern allerdings ihren Tribut in Form von Geschmack. Und das ist es doch meist worauf es ankommt beim selbst gebackenen Brot. Wenn du es aber sehr eilig hast und es geht nur darum schnell ein Brot zu backen, ohne das Optimum zu erzielen, dann kannst du die Reifezeit so verkürzen. Das mache ich auch zwischendurch, wenn es nicht anders geht. Immer mit dem Wissen im Hinterkopf, dass das Brot mit mehr Zeit besser geworden wäre.

Wieso schmecken schnelle Brote eigentlich fad? Durch die Verquellung von Mehl mit Wasser wird die Stärke im Mehl enzymatisch zu einfachen Zuckern umgewandelt und diese Zucker werden während der Fermentation von den Hefen und Milchsäurebakterien verstoffwechselt. Dabei entsteht das CO2, welches das Brot luftiger macht. Dabei entstehen weiterhin Säuren, Alkohole und andere geschmacksgebende Stoffe. Je länger die Zeit, desto intensiver und komplexer wird das aromatische Spektrum im Teig und später im Brot. Daher schmecken Brote mit viel Hefe auch vornehmlich nach Hefe. 

Schnelle Sauerteigbrote sind schlechter verträglich

Über die letzten Jahre wurde viel auch an der Verträglichkeit von Broten geforscht. Man kann schon sagen, dass sehr schnell gereifte Brote weniger verträglich sind für Personen, die empfindlich sind. Meines Wissens nach gibt es heute keine 100% klare Antwort mehr (früher hat man 4 Stunden genannt, was aber überholt ist), wie lange ein Teig reifen muss, damit die Mehrfachzucker, Einfachzucker und Zuckeralkohole abgebaut sind, die Bauchschmerzen verursachen (FODMAPS). Trotzdem: Je länger die Teigreife ist, desto sicherer ist, dass das Brot auch von empfindlichen Menschen vertragen wird. Meine Brote reifen in der Regel mindestens 4 Stunden, meist aber länger als 24 Stunden und die Verträglichkeit in der Familie ist ausgezeichnet. Obwohl ich Personen im Haushalt habe, die nicht alles zu 100% vertragen. Vor allem zu gekauften Backwaren merken wir einen deutlichen Unterschied. 

Rezepte für schnelle Sauerteigbrote

Hier findest du eine Übersicht über meine Brote, die relativ schnell zu backen sind. Dabei sind auch einige Sauerteigbrote dabei, vor allem welche die mit alten Anstellgutresten und einem Zusatz an etwas Hefe arbeiten. Diese Brote sind oft besonders lecker und schnell zubereitet.

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2 Antworten
  1. Alfred John

    Ich habe eine Frage: Wie bekomme ich in die Krume große Löcher? Wovon ist es abhängig? Vielen Dank und liebe Grüße aus der Steiermark Alfred

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Über mich

Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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