Ein Kochstück wird in fortgeschritteren Rezepten für Brote gerne eingesetzt und das aus gutem Grund: Über Kochstücke kannst du mehr Wasser in deinem Brot binden. Wann das nötig wird und wie ein Kochstück richtig erstellt wird, erkläre ich dir hier. Bezug genommen wird hier hauptsächlich auf Mehlkochstücke.
Was ist ein Kochstück beim Brotbacken?
Ein Kochstück ist ein sogenannter Nullteig (nachfolgend Info was ein Nullteig ist). Durch ein Kochstück werden Zutaten, die im Brot Verwendung finden sollen, vorher gekocht. Übliche Zutaten für das Kochstück sind Mehl, aber auch Schrot, Körner oder Altbrot. Stärke verkleistert durch das Kochen, sehr viel Wasser wird absorbiert. Die Zutaten sind dabei im Kochstück nicht mehr enzymaktiv, weil ab 80-100 Grad entsprechende Enzyme denaturiert/zerstört werden.
Das fertige Kochstück wird dem Teig zugegeben und erhöht die maximale Menge an Wasser, die der Teig aufnehmen kann. Durch das Einkochen binden Mehl, Schrot, etc. Wasser in sich (an die Stärke) und geben es nicht mehr 1:1 an das Mehl im Hauptteig ab. So werden Brote saftiger, länger haltbar und die Krume ggfs. offener und wilder.
Was ist ein sogenannter Nullteig?
Bei einem Nullteig werden Zutaten für das Brot mit Wasser verquellt. Hierbei wird kein Triebmittel zugegeben (weder Hefe, noch Sauerteig). Durch Verquellen werden die Kneteigenschaften von Mehl verbessert (Autolyse), es wird mehr Wasser in den Teig eingebaut (Brühstück und Kochstück) und bei Körnern und Saaten verhindert, dass Wasser aus dem Hauptteig gezogen wird (Brühstück und Quellstück).
Was kann in einem Kochstück gekocht werden?
Idealerweise werden in einem Kochstück stärkehaltige Zutaten verkocht. Weizenmehle, Dinkelmehle oder ähnlich. Es können aber auch Schrote, Altbrot und sogar alte Sauerteigreste in einem Kochstück Verwendung finden. Es ist auch möglich, mehrere Zutaten zu mischen und so ein aromatisches Kochstück zu produzieren.
Beispiel:
15g Weizenmehl
5g Altbrot gemahlen
5g Rübensirup
100g Wasser
Welche Brote profitieren von einem Kochstück?
Im Prinzip profitieren alle Brote von einem Kochstück, wenn es korrekt eingesetzt wird. Vor allem aber profitieren helle Brote von einem Kochstück, weil sie häufig schnell trocken werden. Gerade bei Dinkelbroten ist das der Fall, weil der Dinkel wenig Wasser aufnehmen kann. Aber auch andere helle Brote aus Weizen oder Emmer oder generell Brote aus backschwachem Mehl werden durch ein Kochstück verbessert. Je weniger Proteingehalt ein Mehl hat, desto weniger Wasser kann es aufnehmen. Hier kann ein Kochstück das Brot länger haltbar und saftiger machen.
Wie viel Kochstück sollte maximal in den Brotteig?
Bis zu 10% der verwendeten Mehlmenge sind im Kochstück machbar, darüber hinaus verliert der Teig an Qualität, weil die Enzymatik des erhitzten Mehls fehlt und auch weil die Möglichkeit ein Teiggerüst aufzubauen reduziert wird. Durch das Kochen verliert das Mehl die Fähigkeit in Verbindung mit Wasser ein Glutengerüst zu bilden. Das Klebereiweiß im Mehl wird durch die Hitze zerstört. Üblicherweise werden 5-10% maximal im Teig zugesetzt, die Menge wird vom Mehl im Teig abgezweigt.
Wie erstellt man ein Mehlkochstück?
Du gibst die 5-fache Menge an kaltem Wasser in eine Pfanne oder einen Topf und rührst dort die Zutaten klümpchenfrei ein. Dann kochst du das Mehlkochstück unter Rühren mit moderater Hitze ein, bis es eine puddingartige Konsistenz hat und sich nicht mehr weiter einkochen lässt. Es löst sich dann in der Regel vom Boden. Hier siehst du, wie das aussehen kann:
Kochstücke richtig abkühlen lassen
Decke dann das Kochstück mit einem Stück Frischhaltefolie direkt auf dem Kochstück ab, so dass das Wasser im Kochstück verbleibt und nicht an einer Haube oder ähnlich kondensiert.
Wann kommt das Kochstück in den Teig?
Das Kochstück muss erst komplett abkühlen (entweder über Nacht im Raum oder aber im Kühlschrank) und wird dann im Hauptteig am Ende zugegeben, wenn der Teig bereits einmal fertig und elastisch ausgeknetet wurde. Am besten gibst du das Kochstück in Etappen zu, immer wieder dann, wenn der Teig wieder eine gute Konsistenz erreicht hat. Alles auf einmal zuzugeben führt gerne mal zum Durchdrehen des Kneters, weil der Teig dann zu schmierig wird.
Muss ich Wasser im Hauptteig abziehen, wenn ich ein Kochstück einsetze?
Das ist schwer zu sagen und hängt immer davon ab, wie perfekt die Wasseraufnahme im Kochstück funktioniert hat. Wenn am Ende das Kochstück die gleiche Hydration wie der Hauptteig hätte, müsstest du nichts abziehen. Wenn das Kochstück zu flüssig wäre, dann schon. Ich rechne immer die Hälfte des Kochstück-Wasseranteils und ziehe diese dann vorsorglich im Hauptteig ab. Wenn der Teig dann zu fest wird, gebe ich am Ende noch Wasser über Bassinage an.
Ich habe Klümpchen im Kochstück, was mache ich falsch?
Früher habe ich (und das liest du ggfs. auch noch in einigen Rezepten hier) mein Mehl immer in heißem Wasser eingerührt. Das hatte zur Folge, dass Klümpchen entstanden sind. Das ist generell kein Problem, nur hatte ich dann mehr Arbeit damit, die Klümpchen zu zerdrücken und weiter einzurühren. Durch das Einrühren in kaltem Wasser verklumpt das Mehl nicht so sehr. Verwende dazu am besten einen Schneebesen. Einzeln verbleibende Klümpchen zerdrücken.
Kochstücke aromatisch pushen
Ich verwende sehr gerne Sauerteigreste im Kochstück. Gib sie einfach dazu und koche sie mit ein. So wie du es hier im Rezept mit einem Roggensauerteig-Kochstück sehen kannst:
Aber auch Altbrot, Rübensirup oder andere Zutaten können ein Kochstück aromatisieren.
Was ist der Unterschied zwischen Kochstück und Brühstück?
Bei einem Kochstück kochst du deine Zutaten mit Wasser auf und das in der Regel über 100°. Bei einem Brühstück werden Zutaten nur mit kochendem Wasser überbrüht. Die dabei entstehende Masse hat dann keine 100° mehr. Die Enzymaktivität bleibt bei Brühstücken ggfs. erhalten. In einem Kochstück kann deutlich mehr Wasser gebunden werden.
Mehlkochstück: 500% Wasser auf das Mehl
Brühstück: 100% Wasser auf das Mehl
Beispiel für ein Brühstück:
Wie lange sollte ein Kochstück gekocht werden, und wie erkenne ich, dass es fertig ist?
Das Mehlkochstück nimmt eine puddingartige Konsistenz an. Es ist nicht mehr richtig flüssig, sondern eher zähflüssig. Die Masse löst sich vom Boden des Topfs oder der Pfanne ab.
Beispiele für fertige Kochstücke:
Wie lange hält ein Mehlkochstück?
Mehlkochstücke können 1-2 Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden, wenn Salz zugefügt wurde auch länger. Im Gefrierfach mehrere Wochen bis Monate.
Kann ich ein Kochstück im Voraus zubereiten und aufbewahren?
Ja, du kannst das Kochstück auch im Voraus zubereiten und dann einfrieren. Entweder gut verpackt oder auch als Eiswürfel. Zur Verwendung einfach im Kühlschrank rechtzeitig auftauen.
Kann ich das Kochstück ersetzen, wenn ich keine Zeit dafür habe?
Ich würde die gedachte Menge Mehl dem Hauptteig zusetzen und dann die entsprechende Menge an Wasser beifügen, die am Ende als insgesamte Hydration im Teig landen soll. Soll dein Brot am Ende 70% Hydration haben, würde ich auch mindestens 70% Wasser zum kleinen Mehlanteil des gedachten Kochstücks zugeben. Dann fehlt dir in der Regel noch Wasser im Teig. Das würde ich dann als Bassinage/Reservewasser am Ende einkneten.
Kochstücke in Mischbroten – welches Mehl verwenden?
Wenn du ein Mischbrot aus Weizen und Roggen backen willst, macht es Sinn im Kochstück das Roggenmehl einzusetzen, statt dem Weizenmehl. Durch Weizenmehl kannst du ein Teiggerüst aufbauen, durch Roggenmehl geht das nicht. Du würdest mit dem Weizenmehl im Kochstück also Potential für den Teig verschenken.
Welche Flüssigkeit wird für Kochstücke verwendet?
Du kannst natürlich Wasser verwenden, aber auch Milch, Kaffee, Bier oder was auch immer.
Was ne tolle Erklärung! Ich bin auf diese Seite via Co-Pilot AI gestolpert! Meine Frage: Ich habe eine Mockmill und male meistens 70% meines Mehl’s selbst. Das „sifte“ ich dann, und die ca. 30g bran (Schrot?) verarbeite ich als Brühstück. Kann ich diese Menge bran auch als Kochstück mit 120g Bier verarbeiten? (Sorry für mein seltsames Deutsch; 40 Jahre USA haben mein Deutsch leicht eingerostet 🤦🏼♀️)
Ja, ich denke das Schrot kannst du auch brühen. Also in dem Fall kein Kochstück, sondern eher ein Brühstück, das klappt wunderbar.
Danke für so viel Info!
Kurze Frage hätte ich aber noch: Wenn ich richtig verstanden habe, macht es Sinn, weniger glutenhaltiges Mehl für ein Kochstück zu verwenden.
Wäre dann z.B. für ein ‚Dinkelvollkronbrot mit Haferflocken‘, ein Kochstück aus Hafermehl (Haferflocken im Mixer zerkleinert) nicht sinnvoller, als ein Kochstück aus Dinkelvollkornmehl?
Oder kurz gefragt: könnte ich das eine Mehl durch das andere Mehl im Kochstück 1:1 ersetzen?
Du kannst auch glutenfreies Mehl für das Kochstück verwenden, weil verkochtes Mehl ohnehin kein Glutengerüst mehr aufbauen kann. Wenn backschwaches Mehl im Rezept geplant ist, würde ich es immer bevorzugt als Kochstück verwenden anstelle der backstarken Mehle.
Hi René,
danke für die super Zusammenfassung! Ich habe eine Frage: Wird das Kochstück zusätzlich zum Rezept gegeben oder muss ich dafür eine bestimmte Menge Wasser und Mehl aus dem Grundrezept rausrechnen?
Nehmen wir ein einfaches Beispiel: 300 gr Wasser, 500 gr Mehl, 10 gr Salz. Wie müsste ich das Rezept verändern?
Viele Grüße,
Axel
Hallo Axel, insofern du es korrekt berechnest ist das im Prinzip das Gleiche bei einem neuen Rezept. Wenn du ein bestehendes umbauen willst, nimmst du die Zutaten aus dem Hauptteig, packst sie in das Mehlkochstück und rechnest noch Wasser der Gesamtwassermenge drauf. Wenn du 20g Mehl im Kochstück planst, kommen dort ja 100g Wasser drauf. 50% davon würde ich der Gesamtwassermenge hinzurechnen im ersten Step. Wenn ursprünglich 350g Wasser geplant gewesen wären, wären das am Ende inkl. Kochstück dann 400g Wasser. Du merkst dann schon, ob du noch etwas Wasser per Bassinage zugeben musst.