Knetmaschine ja oder nein? Natürlich kannst du Brote mit der Hand oder mit der Knetmaschine kneten. Aber was ist besser und was ist mit dem Handrührgerät? Ich habe es ausprobiert.
Brotteige müssen fertig ausgeknetet werden – stimmt das?
Bevor wir uns der Frage widmen, ob eine Knetmaschine nötig ist oder nicht, gehen wir zur Basis jedes guten Brots zurück: Dem Brotteig. Und wenn ich hier von einem Brotteig schreibe, dann meine ich weizenlastige Brotteige oder Teige, die mit weizenähnlichem Mehl hergestellt wurden. Roggenteige sind Sonderfälle, mehr dazu findest du am Ende dieses Artikels.
Ein weizenlastiger Teig sollte ein gutes Teiggerüst aufweisen, damit er dehnbar ist und gut aufgehen kann. Er geht dadurch auf, dass CO2 im Glutennetzwerk gefangen wird, welches durch Hefepilze und Milchsäurebakterien gebildet wird. So bläst sich der Teig nach und nach wie eine Art Luftballon auf.
Schön ausgekneteter Teig:
Damit ein Teiggerüst entstehen kann, müssen die Proteine im Mehl (Gliadin und Glutenin) mit Wasser in Verbindung kommen. Sobald Mehl mit Wasser in Verbindung kommt, entstehen durch Verquellung Glutenstränge. Dieser Prozess beginnt direkt und ohne weitere Aktion der BäckerInnen.
Das heißt: Kneten ist per se erstmal nicht nötig, damit Glutenstränge entstehen. Das passiert von ganz allein. Damit aber das Teiggerüst stabil und stark wird, wird in der Regel geknetet. Durch Kneten wird das Wasser in die Mehlbestandteile gedrückt, die Verquellung findet schneller statt. Ausgeknetete Teige benötigen eine kürzere Teigruhe. Wird also nicht geknetet, muss die Verquellung natürlich von Statten gehen. Das dauert deutlich länger, funktioniert aber (Stichwort No Knead Bread).
Teig, der nicht geknetet und so am nächsten aufgearbeitet wurde. Man sieht deutlich das Teiggerüst (das hier allerdings schon etwas zu weit gereift war):
Brotteige können, müssen aber nicht geknetet werden
Somit ist klar: Ein Brotteig muss nicht geknetet werden. Allerdings verkürzt das Kneten die Bildung des starken Glutengerüsts von vielen Stunden auf ein paar Minuten. Und durch ein fertig ausgebildetes Teiggerüst verkürzt sich die Ruhezeit in der Stockgare massiv. Das ist der Hauptgrund, wieso ein Teig für Brot überhaupt geknetet wird.
Wie kann Brotteig geknetet werden?
Ein Brotteig kann auf verschiedene Arten und Weisen geknetet werden:
- per Handknetung
- per Knetmaschine
- per Handrührgerät
- per Mixer (nicht empfehlenswert)
Ich gehe hier nur auf die ersten 3 Varianten ein, weil das Kneten per Mixer den Teig zu stark beansprucht und das Glutengerüst teilweise zerstören kann. Außer es handelt sich um einen speziellen Teigmixer (wie er zB in großen Brotfabriken verwendet wird, um die Knetzeit auf ein Minimum zu verkürzen).
Brotteig per Hand kneten
Den Teig per Hand zu verkneten ist anstrengend, dauert lang und birgt das Risiko den Teig nicht fertig auszukneten. Erfahrene BäckerInnen können das aber und schwören darauf, weil die Art und Weise den Teig zu kneten maximal sanft ist. Es wird kaum Wärme in den Teig eingebracht und es kann der perfekte Teigzustand am besten „gefühlt“ werden. So oder so ist das Kneten per Hand auf jeden Fall ebenbürtig zur besten Knetmaschine. Vorausgesetzt du knetest lange genug (das kann schon mal 30 Minuten dauern). Du kannst dir das Kneten von Hand erleichtern, indem du mit einer Autolyse arbeitest (also einer Vorverquellung des Mehls) und mit dem Dehnen und Falten. Dann musst du weniger und nicht unbedingt vollständig per Hand auskneten.
Vorteile:
- sanft und schonend
- Überkneten quasi unmöglich
- Farbe des Teigs bleibt schön gelblich, weil wenig Oxidation
- kostenlos
Nachteile:
- Anstrengend
- Dauer
- Wassertemperatur sollte angepasst werden, um auf die nötigen Zieltemperaturen zu kommen
Hier siehst du, wie ich das berühmte Country Bread nur per Hand zubereitet habe:
Brotteig per Knetmaschine kneten
Eine Knetmaschine soll die Handbewegung bei Handknetung nachempfinden. Zumindest in der Theorie…mittlerweile gibt es viele verschiedene Knetmaschinen-Konzepte (Walze siehe Ankarsrum, Planetenrührsystem, Paddlehaken, etc.), die auch andere Wege gehen. So oder so beschleunigt eine Knetmaschine das Auskneten eines Teigs stark. Mehr oder weniger ohne Eingriff von Außen knetet eine gute Maschine einen Teig vollständig aus (oder darüber hinaus, wenn zu lange geknetet wird).
Per Knetmaschine geknetete Teige sind in der Regel etwas heller, weil durch viel Sauerstoff im Teig dieser beginnt zu oxidieren (bzw. die Karotinoide im Teig). Das ist per se nichts Schlimmes, der Teig und die Krume werden dadurch aber heller.
Je mehr Teig geknetet werden muss, desto eher macht eine Knetmaschine Sinn. Überknetung sollte vermieden werden, ebenso, dass der Teig durch die Reibungswärme zu warm wird.
Vorteile:
- Knetet Teige schnell aus
- Teiggerüst idealerweise bereits fertig, wenn Teig aus der Knetmaschine kommt
- Verkürzt die Teigruhe
- Ideal für viel Teig
Nachteil:
- ggfs. teuer
- Teig oxidiert durch Sauerstoff
- Teig kann schneller überkneten oder zu warm werden
Beispiel für einen Knetvorgang in meiner Knetmaschine (Grilletta IM5S):
Brotteig mit dem Handrührgerät kneten
Auch mit einem schnöden Handmixer kannst du einen Brotteig so auskneten, so dass er bereits ein vernünftiges Teiggerüst aufweist. Durch Dehnen und Falten gibst du deinem Teig dann das Finish, so dass das Klebergerüst ideal ausgebildet wird. Das geht problemlos, je mehr Teig du zu kneten hast, desto anstrengender wird die Arbeit damit aber. Vor allem, wenn du unterwegs bist und zB im Urlaub backen willst, kann ein Handrührgerät behilflich sein.
Vorteile:
- Knetet Teige in kurzer Zeit ausreichend aus
- Günstig
- Knetet relativ schnell
Nachteile:
- Perfektes Auskneten dauert recht lange
- Anstrengend für die Hände
- Dehnen und Falten für perfektes Glutengerüst nötig
Hier siehst du, wie ich einen Brotteig mit einem Handrührgerät geknetet habe. Anschließend wurde der Teig mehrmals aufgezogen und wieder zusammengelegt. Dass hat das Teiggerüst sehr gut stabilisiert und gekräftigt, so dass ein schönes Brot entstanden ist:
Sonderfall: „Kneten“ von Roggenbrot-Teigen
Bei Roggenbroten sprechen wir eigentlich nicht vom „Kneten“, sondern eher vom „Mischen“. Roggenteige können kein Glutengerüst aufbauen, weil wenig Gluten im Mehl enthalten ist und weil die Schleimstoffe den Teig sehr klebrig machen. Es entsteht eher eine Art Schaum, als ein 3D Netzwerk an Glutensträngen. Daher ist gerade bei sehr roggenlastigen Broten eine Knetmaschine unsinnig. Hier reicht das vollständige Einmischen des Mehls in das Wasser, so dass die gewünschte Masse für das Brot bereitgestellt wird.
Je höher der Anteil an Weizenmehl in einem Roggenmischbrot, desto eher macht dann eine Knetmaschine wieder Sinn. Ab 30% Weizenanteil würde ich beginnen zu kneten, wenngleich das Ergebnis immer noch ein klebriger Haufen mit nur wenig stabilem Teiggerüst sein wird. Erst ab 40-50% Weizen-Anteil kommt ein stabiles Teiggerüst in die Gänge.
Ich backe seit vielen Jahren ein Roggen(50%)-Dinkel-Weizen (je25%) Vollkornbrot und habe mich immer über die Konsistenz des Teiges gewundert. Es schmeckt gut, hat keine feste, sondern eine luftige Konsistenz nach dem Backen. Danke für die Erklärung.
Kommt ja auch auf die Menge an, wenn ich alle 3 Wochen ein Brot mache, dann lohnt sich keine Maschine, aber jeden Tag 2 Brote kneten, geht halt auch in die Gelenke.
Da hast du völlig Recht! 🙂