Alle reden beim Mehl und beim Brotbacken nur von Proteinen und Gluten, dabei ist auch die Stärke wichtig. Zumindest ist es gut darüber Bescheid zu wissen, was Stärke ist, was sie im Teig bewirkt und was sie beim Backen beeinflusst. Hier erfährst du alles über die Stärke.
Was ist Stärke überhaupt?
Stärke ist ein Kohlenhydrat, das in winzigen Körnern im Mehl steckt. Sie besteht aus Amylose und Amylopektin, langen Zuckermolekülketten. Stärke ist nicht süß, aber im Brotteig wird daraus später Zucker für die Hefe. Gleichzeitig ist Stärke der Stoff, der beim Backen verkleistert und so die Krume stabilisiert. Man könnte sagen: Gluten liefert das Netzwerk, Stärke füllt es aus. Ohne Stärke könntest du kein gut aufgegangenes Brot backen. Jedes deiner Brote wäre ohne Stärke flach wie ein Fladen.

Amylose und Amylopektin
Amylose
Amylose ist eine der beiden Hauptkomponenten der Stärke und besteht aus langen, unverzweigten Glukoseketten. Diese Struktur sorgt dafür, dass Amylose beim Erhitzen in Wasser weniger stark quillt, aber dafür fester geliert – ein Grund, warum sie bei der Verkleisterung für eine kompakte, etwas festere Krume sorgen kann. In der Regel macht Amylose etwa 20 bis 30 % der Stärke im Mehl aus, abhängig von der Getreideart.
Amylopektin
Amylopektin bildet den Großteil der Stärke, meist 70 bis 80 %, und hat eine stark verzweigte Molekülstruktur. Diese macht es besonders gut wasserlöslich und verantwortlich für das weiche, elastische Gel, das beim Backen entsteht. In Brotteigen sorgt Amylopektin vor allem für eine saftige Krume und beeinflusst, wie gut das Brot beim Abkühlen frisch bleibt – denn Amylopektin retrogradiert langsamer als Amylose.

Was passiert mit der Stärke beim Teig kneten oder rühren?
Wenn du Mehl mit Wasser mischst quellen die Stärkekörner auf und nehmen Wasser auf. Enzyme im Mehl beginnen die Stärke in Zucker aufzuspalten, dieser Zucker ist die wichtigste Nahrung für die Hefe. Ohne Nahrung keine Hefen, keine Hefevermehrung und keine Fermentation. Ohne diesen Schritt gäbe es kaum Ofentrieb, weil das Gas (CO2) nicht durch die Hefen gebildet werden könnte.
Je nachdem, wie stark dein Mehl beim Mahlen beschädigt wurde, gibt es mehr oder weniger „schrotige“ oder „gemahlene“ Stärke, die besonders gut Wasser bindet. Dein Teig kann dadurch weicher oder klebriger werden.
Stärke in der Teigreife
Während der Gare deines Teigs läuft der Abbau der Stärke zu Zucker weiter. Dieser Zucker sorgt dafür, dass dein Teig aufgeht. Unter anderem ist er aber auch für den Geschmack und die spätere Bräunung des Brots relevant.
Achtung bei Roggenteigen: Hier sind die Enzyme sehr aktiv, es wird viel Stärke abgebaut. Dann kann der Teig weich, instabil und klebrig werden. Deshalb brauchst du z. B. bei Roggenteig unbedingt Säure (Sauerteig empfehlenswert), sie hemmt die Enzymatik im Teig und schützt die Stärke und reduziert dadurch den Abbau des Teigs.
Bei Weizenteigen ist das Ganze nicht so dramatisch: Dort hält das Gluten-Netzwerk den Teig stabil, auch wenn schon etwas Stärke abgebaut wurde. Aber auch hier gilt: je nach Mehlqualität und Teigführung solltest du den Stärkeabbau im Blick behalten, gerade bei längerer Gare. Je backschwächer das Mehl, desto schneller ist das Teiggerüst abgebaut durch die Enzymatik.
Was macht Stärke im Ofen mit deinem Brot?
Im heißen Ofen beginnt die Stärke ab ca. 60 °C zu verkleistern, sie wird gelartig, bindet viel Wasser und hilft dabei, die Krume zu festigen. Ohne diesen Prozess würde dein Brot flach und speckig bleiben.
Außerdem entstehen durch den vorherigen Stärkeabbau Zucker, die beim Backen karamellisieren (sogenannte Maillard-Reaktion) – das sorgt für eine schöne Kruste und satte Farbe. Zu wenig Stärkeabbau = blasse Kruste, zu viel = klebrig-dunkle Oberfläche.
Beispiel für ein schön gebräuntes Brot durch die Maillard-Reaktion:
Nach dem Backen beginnt die Stärke wieder zu kristallisieren, durch die sogenannte Retrogradation. Dabei gibt sie langsam Wasser ab und das Brot wird altbacken, der ganz normale Prozess wenn Brot älter wird.
Stärke im Kochstück und Brühstück
Über ein Kochstück oder Brühstück kannst du deinem Brot extra Saftigkeit und Frischhaltung verpassen. Dabei nutzt die Wasserbindung der Stärke:
Kochstück
Du verrührst zB 20 g Mehl mit 100 g Wasser und verkochst es zu einem puddingartigen Brei. Die Stärke verkleistert vorab, bindet Wasser wie ein Schwamm. Beim Abkühlen abgedeckt ruhen lassen und dann in den Teig geben. So kannst du mehr Wasser im Teig halten, ohne dass er weich wird. Das bringt jeder Brotsorte was, vor allem aber trockenbackenden Sorten wie Dinkelbroten.
Brühstück
Mehl, Schrot oder Körner werden mit kochendem Wasser übergossen. Dadurch quellen die Bestandteile vor und die Stärke bindet Wasser. Gerade bei Vollkorn- oder Saatenbroten sorgt das für eine weichere Krume und bessere Frischhaltung.
Wichtig: Verwende Koch- oder Brühstücke nur für einen kleinen Teil des Mehls (max. 10-15 %). Sonst fehlt dir später Gluten oder enzymaktive Stärke im Teig, weil verkleistertes Mehl zB kein Glutengerüst mehr aufbauen kann.
Wie sind Gluten und Stärke im Zusammenspiel?
Gluten und Stärke arbeiten im Brotteig Hand in Hand. Gluten ist das Gerüst, Stärke ist quasi der Füllstoff.
Gluten entsteht, wenn die Klebereiweiße im Mehl (Gliadin und Glutenin) mit Wasser verknetet werden. Es bildet ein elastisches, dehnbares Netz, das die Gärgase der Hefe auffängt (die ohne die Stärke gar nicht produziert werden könnten). Gluten bildet also quasi das „Skelett“ deines Teiges.
Stärke ist die Masse dazwischen, füllt das Gerüst aus, bindet Wasser und wird beim Backen gelartig (verkleistert) und verfestigt die Krume. Sie stabilisiert die Form, wenn das Gluten beim Backen „erstarrt“.
Das passiert bei Stärke und Gluten im Brotback-Prozess:
- Teig mischen:
Gluten Bildet das Gas-fangende Netz.
Stärke quillt leicht, bindet Wasser. - Teigreife / Gare:
Stärke wird teilweise zu Zucker abgebaut > Hefe bekommt Nahrung > Hefe produziert CO2.
Gluten hält Gärgase (CO2) im Teig. - Backen:
Gluten fixiert die Teigstruktur und festigt sie.
Stärke verkleistert, stabilisiert die Krume zusätzlich. - Abkühlen:
Gluten bleibt elastisch.
Stärke retrogradiert > Brot wird altbacken über die Zeit.
Warum ist das wichtig zu wissen? Nur Gluten reicht nicht (auch wenn viele immer nur auf Proteine und Gluten achten):
Ohne Stärke wäre der Teig zwar elastisch, aber nicht stabil, du würdest nur ein gummiartiges Fladenbrot backen können.
Nur Stärke reicht aber auch nicht: Ein reiner Stärkebrei würde dir im Ofen zerlaufen. Erst das Glutengerüst hält alles in Form.
Stärke in Abhängigkeit vom Mehl
Die Typenzahl eines Mehls gibt den Mineralstoffgehalt an, nicht direkt den Stärkegehalt. Trotzdem lässt sich sagen: Je niedriger die Typenzahl, desto höher ist in der Regel der Stärkeanteil, da das Mehl dann überwiegend aus dem stärkehaltigen Mehlkörper besteht. Und je niedriger die Type, desto „vermahlener“ ist die Stärke und desto besser kann sie Wasser aufnehmen.
Höhere Typen und Vollkornmehle enthalten mehr Randschichten mit Ballaststoffen und Enzyme, wodurch der Stärkeanteil relativ sinkt und ihre Abbaugeschwindigkeit steigt. Die Mehlsorte (z. B. Weizen, Roggen, Dinkel) beeinflusst zusätzlich, wie die Stärke wirkt, zB über die Enzymaktivität oder Wasserbindung. Das sagt aber nichts über die Reinheit oder Qualität der Stärke selbst aus.
Fazit
Stärke ist im Brotteig eine Art „Füllstoff“ für das Teiggerüst, aber noch mehr. Sie sorgt für:
- Wasserbindung und Teigkonsistenz
- Nahrung für die Hefen
- Ofentrieb und Aroma
- Krustenfarbe
- Saftigkeit und Frischhaltung
Durch die richtige Teigführung, passende Mehlwahl und Zusätze wie Koch- oder Brühstück kannst du deinen Teig „steuern“, weil du dann Stärke und Gluten in Kombination richtig einsetzt.