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Alles über die Untergare beim Brotbacken

Wenn dein Teig nicht reif genug war, bevor du ihn weiter bearbeitet oder gar gebacken hast, kann es sein, dass dein Brot Anzeichen einer Untergare ausweist. Wieso das so ist und wie du die Untergare erkennen und vermeiden kannst, liest du hier.

Brotteige können zu reif (Übergare) oder eben zu kurz gereift sein. Während eine leichte Übergare noch kein großes Problem darstellt, ist eine leichte Untergare doch unschöner für das Brotergebnis. Der Teig war einfach noch nicht fertig fermentiert, bevor gebacken wurde. Dafür gibt es spezielle Anzeichen schon bevor das Problem entstanden ist und dann auch im gebackenen Brot zu sehen.  

Was genau ist „Untergare“ beim Brotbacken?

Die sogenannte „Untergare“ bei Broten bezeichnet einen nicht fertig gereiften Teig, der trotzdem gebacken wurde. Dabei gibt es mehrere Stufen während der Brot-Produktion, in denen eine Untergare auftreten kann:

  • Vorteige/Sauerteig
  • Stockgare und
  • Stückgare

Egal wo die Untergare passiert, das Ergebnis wird am Ende kein ideales Brotergebnis sein.

Typische Anzeichen: Untergare bei Brot erkennen

Untergare im Brot kannst du in und an deinem Brot sehen. Wo die Untergare bereits anfängt ist allerdings gar nicht so einfach zu erkennen. Ich habe schon Brote mit leichter Untergare gebacken, die andere als sehr schön angesehen haben. Ganz unten zeige ich dir ein paar Beispiele von Broten, die eine leichter Untergare aufgewiesen haben. Typische Anzeichen für eine Untergare im Brot sind:

  • Gedrungene und feine Krume (auch oft in Kombination mit ein paar größeren Löchern)
  • fehlende Luftigkeit
  • Kruste ist nicht attraktiv ausgebildet
  • zu starker Ausbund/Aufriss durch zu viel Spannung im Teig
  • Brot zu rund gebacken (Boden wölbt sich)
  • Abgebackene Kruste durch zu viel Ofentrieb
  • Risse in der Kruste an ungewünschten Stellen

Untergare an der Brotkrume erkennen

Diese Schaubilder zeigen den Weg von der Untergare, zur idealen Gare, bis hin zur Übergare:

Typische Ursachen für die Untergare bei Brot

Wie kann es zur Untergare überhaupt kommen? Meist ist es schlicht die Zeit, die dem Teig nicht ausreichend gegeben wurde, um fertig zu reifen. Es ist immer ein schmaler Grat zwischen Untergare, richtiger Reifestufe (knappe Gare bis Vollgare) und Übergare. Es wird meist eher zu früh der Teig geformt und gebacken, als noch mehr Zeit zu geben. Aus Angst, dass der Teig instabil und schwerer zu formen werden könnte. Und so ist das grundsätzlich auch:

Je weiter der Teig reift, desto weicher wird der Kleber, der das Teiggerüst aufrecht erhält und desto „klebriger“ wird oft auch der Teig (außer bei Roggenteigen, die sind sowieso klebrig). Und hier liegt dann der Unterschied zwischen EinsteigerInnen und fortgeschrittenen (Heim-)BäckerInnen: Die Fortgeschrittenen haben bereits gelernt mit anspruchsvolleren Teigen zu arbeiten, sind mutiger und reizen die Garstufen besser aus. Das sieht man am Ende dann meist vor allem in der Krume. 

Typische Ursachen, wieso dein Brot untergar geworden ist: 

  • Sauerteig schwach
  • zu wenig Hefe / oder generell Triebmittel
  • zu kurze Reifezeit
  • zu kühle Reife
  • Verwendung von Zutaten die die Fermentation stören (z.B. Bier)

Untergare in der Stockgare

Der Klassiker ist, dass du deinen Teig in der 1. Gärphase (der Stockgare) nicht lange genug hast reifen lassen. Es lässt sich keine konkrete Angabe machen, wie lange die Stockgare dauern sollte. Sie hängt von verschiedenen Parametern ab:

  • Anteil Triebmittel
  • Art Triebmittel
  • Temperaturen (Teig, Raum)
  • Art des Mehls
  • Art des Brotes
  • etc.

Wichtig ist nur, dass die Stockgare lange genug dauert, so dass die Fermentation auf dem Höhepunkt steht. Das Teiggerüst wird aufgebaut, die Mikroorganismen im Teig knabbern wiederum daran und wandeln Zucker in Alkohol und CO2 um. Alles wird luftig, das Gas wird gefangen, der Teig geht auf. Soweit die vereinfachte Theorie. Du musst den Zeitpunkt abpassen, kurz bevor der Teig in eine mögliche Übergare rutschen würde. Wenn er zu weit geht, wird er instabil, weil das Teiggerüst bereits zu stark abgebaut wurde.

Gut fermentierter Teig nach der Stockgare:

Und genau das ist das was dir niemand so 100% einfach und klar zeigen kann. Das muss über Erfahrung gelernt werden. Und es ist auch nach hunderten Broten bei mir nicht so, dass ich nicht doppelt und dreifach prüfen müsste, ob mein Teig schon reif genug oder bereits zu reif ist. Auch ich habe mal Teige, die ich nicht lange genug habe reifen lassen oder auch zu lang. Die „Kunst“ ist es, dass die Untergare und Übergare möglichst selten passiert. Dann kannst du dich selbst als erfahren bezeichnen.  

Zurück zur Stockgare: Was du hier verpasst, kannst du in der Stückgare nach dem Formen leider nicht mehr aufholen. Ein bereits aufgearbeiteter unreifer Teig wird über die Stückgare nicht mehr so schön werden, wie als wäre er zum richtigen Zeitpunkt geformt worden. Wenn du eine offene, wilde Krume wünschst, ist die richtige Dauer der Stockgare extrem wichtig.  

Beispiel meines ersten Brots in diesem Blog: Anzeichen einer leichten Untergare in der Stockgare. Erkennen kannst du das an der etwas gedrungenen Krume und den wenigen größeren Luftbläschen. 

Untergare in der Stückgare

Aber auch die 2. Gärphase (die Stückgare) ist wichtig. Hier reift der Teigling nach dem Aufarbeiten und Formen nochmal aus, bis zum Backen. Du baust durch das Formen eine gewisse Spannung im Teig auf und über die Stückgare-Dauer wird das sehr straffe Teiggerüst wieder weicher. Backst du zu früh ist der Teigling noch zu sehr auf Spannung und „explodiert“ dir auf dem Backstein. Der Ofentrieb ist dann zu groß, das Brot wird zu rund, der Ausbund zu krass. Ggfs. reißt das Brot an Stellen auf, an denen es nicht aufreißen soll.

Beispiel für ein Kastenbrot, das zu früh gebacken wurde. Die volle Gare wäre hier nötig gewesen:

Wie lange die Stückgare dauern sollte? Auch dafür gibt es keine klaren Vorgaben. Nur ganz ganz groben Richtlinien, die ich mir selber setze:

  • Weizenbrote/Weizenmischbrote: Stückgare im Raum: ca. 1 Stunde (+/- 15min)
  • Roggenbrote/Roggenmischbrote: Stückgare im Raum: 1-3 Stunden (je nach Anteil Triebmittel)
  • Weizenbrote/Weizenmischbrote: Stückgare im Kühlschrank bei 5-6 Grad: ca. 12-24 Stunden

(Dinkel wie Weizen)

Aber am Ende dauert die Stückgare solange, bis die knappe oder volle Gare erreicht ist. Der Fingertest ist hier besonders wichtig. Durch ihn stellst du fest, wie reif der Teigling ist und ob er schon gebacken werden kann. Kommt die eingedrückte Stelle sofort wieder zurück, ist der Teigling noch zu unreif. Springt die Stelle langsam zurück, aber nicht ganz, ist der Teig reif fürs Backen (zu dem Zeitpunkt sollte der Ofen dann schon heiß sein).

Untergare bei zu kalten Temperaturen

Kommt dein Teig nicht in die Gänge oder ist nach dem Backen nach Rezept untergar, kann das auch an zu kühlen Temperaturen liegen. Je 5 Grad mehr oder weniger im Raum halbiert oder verdoppelt sich die Reifezeit. D.h. ist dein Raum 18 Grad kalt, statt wie im Rezept 21 Grad angegeben, reift der Teig bei dir deutlich länger. Gleiches gilt für die Kühlschrankgare: Ist dein Kühlschrank sehr kalt eingestellt, kann es sein, dass die Reifezeit deutlich verlängert wird. Verlasse dich auch hier auf deine Erfahrung und nicht nur auf Zeitangaben im Rezept. 

Untergare in Vorteigen/Sauerteigen

Auch Hefe-Vorteige und Sauerteige können untergar sein. Verwendest du sie zu früh, sind die Hefen noch nicht so aktiv und nicht so stark vermehrt, dass die Fermentation gebremst von Statten geht. Verwende deine Vorteige „am Peak“, also am Zeitpunkt maximaler Aktivität (Sauerteig sollte eine Wölbung zeigen, wenn möglich). Vermeide zusammengefallene und überreife Vorteige, weil die eine Fermentation ebenso bremsen könnten.

Überreifer Hefe-Vorteig:

Vorteige am Peak:

Gibt es bestimmte Anzeichen im Teig, die auf Untergare hinweisen?

Die folgenden 3 Indizien sprechen für eine Untergare:

  • Starker Widerstand beim Fingertest
  • Wenig Volumenzunahme
  • Wenig Gas im Teig

Woher weiß ich, wann mein Teig reif ist und nicht in der Untergare?

Verwende den Fingertest, um herauszufinden, ob dein Teig bereits reif genug ist um gebacken zu werden. Das natürlich nur in der 2. Gärphase, der Stückgare nach dem Formen. Bei der Stockgare kommt es auf Sicht an. Der Teig sollte wollig werden, luftig und aufgehen. Allerdings nicht zwangsweise zu stark aufgehen. Aber Achtung: Der Fingertest funktioniert bei der Stückgare im Kühlschrank nicht wirklich gut.

Die Stärke der Volumenzunahme in der Stockgare hängt auch von der Teigtemperatur ab. Je wärmer der Teig, desto weniger Volumen muss er zunehmen, bevor du formst. Weil der Teig dann in der Stückgare weiterreift (je wärmer er ist, desto stärker tut er das). Bei zB 27 Grad Teigtemperatur brauchst du keine Verdopplung des Teigvolumens. 30-50% reichen hier aus, bevor du formst. Bei 23 Grad Teigtemperatur ist die stärkere Volumenzunahme sinnvoll, da der Teig in der Stückgare nicht so stark weiter reift. Auch hier ist Erfahrung ziemlich wichtig. 

Schmeckt Brot mit Untergare weniger gut?

Es ist nicht so, dass ein Brot mit leichter Untergare nicht ein tolles Brot sein könnte. Mit der richtigen Reifestufe wäre es aber NOCH besser. Bei starker Untergare kann es sein, dass die fehlende Luftigkeit den Geschmack massiv beeinflusst.

Welche Rolle spielt die Teigtemperatur bei der Vermeidung von Untergare?

Die Teigtemperatur ist extrem wichtig: Wenn sie zu niedrig ist, reift der Teig sehr langsam und kommt nicht in die „Puschen“. Versuche die gewünschten Zieltemperaturen im Teig zu erreichen: Bei Weizenteigen ca. 23-26 Grad, bei Roggenteigen 28-30 Grad. Bei Mischbroten zwischendrin, bei Dinkelbroten tendenziell etwas darunter. Wenn dein Teig im Winter zu kalt wird, dauert natürlich die Fermentation entsprechend länger und du musst die Dauer der Gärphasen verlängern, damit du keine Untergare riskierst.

Untergare durch fehlerhafte Fermentation

Schwacher Sauerteig

Bei einem zu schwachen Sauerteig sind die dort angesiedelten Mikroorganismen nicht ausreichend auf Zack. Und wenn die Hefen inaktiv sind und sich nicht schnell genug vermehren, kommt die Fermentation nicht in Gang. Eine häufigere Fütterung des Sauerteigs ist daher sinnvoll, damit der Sauerteig triebstark ist. Ist er es nicht, sollte immer etwas Schisserhefe zugesetzt werden.

Enzymschwaches Mehl

Bei der Fermentation verstoffwechseln Hefen und Milchsäurebakterien die Zucker im Mehl und produzieren dabei Säuren, Alkohol, CO2 und in Folge dessen das Aroma im Brot. Damit den Mikroorgansimen überhaupt einfache Zucker für den Stoffwechsel zur Verfügung stehen, benötigt es Enzyme im Mehl, die die Stärke in Zucker umwandeln. Das passierst, sobald das Mehl mit Wasser in Berührung kommt. Hast du ein zu enzymschwaches Mehl, fermentiert das Brot nicht richtig. In Einzelfällen kann also das Mehl ein Grund für Untergare sein, selbst wenn du sonst alles richtig gemacht hast.

Alkohol im Teig

Bierbrote sind sehr beliebt, allerdings sollte das Bier immer abgekocht werden, damit der Alkohol (und ggfs. auch andere Stoffe im Bier) die Fermentation nicht stören. Mir ist es auch schon passiert, dass ein nicht abgekochtes Bier den Sauerteig stark eingebremst hat und der Teig selbst nach doppelter Zeit nicht einmal ansatzweise fertig gereift war. Kurzes Aufkochen und anschließendes Abkühlen lassen von Bier hätte hier geholfen.

Wieso der Ofentrieb bei Untergare trotzdem funktioniert

Ein Brot kann von Außen richtig gut aussehen. Und nach dem Anschnitt kommt dann die böse Überraschung: Die Krume ist nicht offen und luftig geworden. Wieso ist das so? Weil ein untergäriger Teigling immer noch viel Spannung besitzt und dann bei schlagartiger Hitze einen Ofentrieb entwickeln kann, der dann über den Schnitt oder rustikalen Aufriss sauber entladen wird. Es muss nur genug Gas im Teig enthalten gewesen sein, damit das Brot schön aufgeht im Ofen. Aber: Bei der korrekten Gare wird noch mehr CO2 und Luft entwickelt, das schön gleichmäßig im Teig verteilt wird, so dass das Brot nicht nur an manchen Stellen luftig wird, sondern überall.  

Perfektes Krumenbild durch korrekte Reife:

Kann man Brotteige mit Untergare noch retten?

Grundsätzlich ist die Untergare kein Beinbruch, weil oft trotzdem ein essbares Brot entsteht. Wenn es partout nicht schmeckt, kannst du es als Altbrot für künftige Brote ausbacken und mahlen. Wenn die Stockgare zu kurz geworden ist, versuche die Stückgare länger zu halten. Die Porung wird dann fein, aber das Brot trotzdem passabel. Eine zu kurze Stückgare sorgt für bereits genannte Probleme. Das „Retten“ ist eher theoretisch und nicht immer möglich. Wenn du weißt, dass du Untergare hast, wieso lässt du dann nicht länger reifen? Die Rettung ist also nur dann möglich,  wenn du schlichtweg keine Zeit mehr hast für eine längere Reifephase in der Stockgare. Und da hilft dann wie gesagt eine längere Stückgare (ggfs. sehr lange im Kühlschrank). 

Beispiele von Broten mit leichter Untergare

All diese Krumen hier sind „negativ“-Beispiele aus meinem Blog von sehr frühen Rezepten, als ich selbst noch nicht so weit war die Reifegrade korrekt einzuschätzen. Eigentlich müsste ich die Rezepte erneut backen und dann anpassen, aber da die Brote trotzdem lecker waren, bleiben sie im Blog. Eventuell wage ich mich irgendwann mal an eine Aufarbeitung. All diese Brote hätten durch eine längere Reife (vor allem in der Stockgare) ein schöneres Krumenbild erhalten. Eine gleichmäßiger offenporigere Krume.

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Über mich

Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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