Das Austauschen von Mehlen in Rezepten kann den Geschmack, die Konsistenz und sogar die Nährstoffe deines Brotes verändern. Doch bevor du einfach Mehl durch Mehl ersetzt, gibt es ein paar Dinge, die du wissen solltest.
Die Welt der Mehle: Eine kleine Übersicht
Zuerst einmal ist es wichtig, die verschiedenen Mehlsorten zu verstehen. Grundsätzlich unterscheiden sich Mehle in drei Kategorien: nach der Kornart, nach dem Mahlgrad (Typ) und nach dem Verwendungszweck.
- Kornsorten: Weizen ist die gängigste Kornart, aber es gibt auch Dinkel, Roggen, Emmer, Einkorn, und viele mehr. Jede Kornart hat ihre eigenen Eigenschaften.
- Mehltypen: Die Typenzahl (z.B. 405, 550, 1050) gibt an, wie viel Mineralstoffe im Mehl enthalten sind. Je höher die Zahl, desto dunkler und nährstoffreicher das Mehl.
- Verwendungszweck: Es gibt spezielle Mehle für verschiedene Backwaren. Brotmehl, Kuchenmehl, Pizzamehl – sie unterscheiden sich in ihrem Glutengehalt und in der Wasseraufnahme.
Was passiert beim Austausch von Mehlen beim Brotbacken?
Wenn du ein Rezept hast, das z.B. Weizenmehl Typ 550 verlangt, und du es durch Dinkelmehl oder Vollkornmehl ersetzen möchtest, wirst du feststellen, dass sich die Teigbeschaffenheit ändert. Hier sind einige Punkte, die du beachten solltest:
- Glutengehalt: Weizenmehl hat ggfs. einen hohen Glutengehalt, was dem Teig Elastizität und Struktur verleiht (für grobe Poren in der Krume wichtig). Dinkelmehl hat ebenfalls Gluten/Klebereiweiß, aber qualitativ schlechter und weniger stabilitätsfördernd, während Roggenmehl fast kein Gluten enthält (eher Schleimstoffe). Ein Roggenbrot benötigt einen Sauerteig, um aufzugehen.
- Wasseraufnahme: Vollkornmehl nimmt mehr Wasser auf als helles Mehl. Wenn du Weißmehl durch Vollkornmehl ersetzt, musst du die Wassermenge anpassen, um einen zu trockenen Teig zu vermeiden. Je höher die Type, desto mehr Wasser wird tendenziell aufgenommen. Urkorn-Mehle schlucken in der Regel recht wenig Wasser.
- Geschmack: Vollkornmehle haben einen intensiveren Geschmack als helle Mehle. Roggen bringt eine herzhafte Note (dafür feinporige und flachere Brote), während Dinkel eine leicht nussige Note einbringt (aber schwerer zu verarbeiten ist).
Das nur die erste Theorie…in der Praxis gibt es himmelweite Unterschiede zwischen Mehlsorten, Kornsorten, Typen, und so weiter. Du kannst leider nicht einfach tauschen, wie du lustig bist. Wenn es nicht unbedingt sein muss, empfehle ich dir die Mehle gar nicht zu tauschen. Ich weiß, man möchte gerne etwas experimentieren…aber ich rate dir eher für die entsprechenden Mehle die passenden Rezepte auszusuchen. Hier auf meiner Such-Seite kannst du angeben, welche Art Brot du backen willst und wirst bestimmt fündig.
Nur wenn du in der Not ein Mehl ersetzen musst, dann rate ich dir dazu. Dann solltest du aber folgendes beachten:
Weizenmehl durch Dinkelmehl ersetzen und umgekehrt
Weizenmehle und Dinkelmehle sind sehr ähnlich und auch quasi vom gleichen Stammbaum. Dinkel zählt als weizenartige Urkorn-Sorte und hat auch ähnliche Verarbeitungsmöglichkeiten. Weizenbrote kannst du grundsätzlich auch mit Dinkel backen. Es gibt vergleichbare Typen (550=630; 1050=1050), nur die Wasseraufnahme ist bei Dinkel weniger ausgeprägt. Auch sollte Dinkelteig weniger geknetet werden und nicht zu warm werden. Das Glutengerüst eines Dinkelteigs ist nicht so stark wie bei einem Weizenteig. Daher ist auch die Gärtoleranz niedriger und es muss mehr darauf geachtet werden, dass der Teig nicht überreif wird. Hier habe ich dir die Besonderheiten zum Brotbacken mit Dinkel zusammengetragen.
Wenn du Dinkelteige mit Weizen zubereiten willst, ist das in der Regel gar kein Problem. Meist reicht es etwas mehr Wasser am Ende des Knetvorgangs einzukneten. Weizenmehle lassen sich als Brotteig immer am besten verarbeiten. Reifezeiten verlängern sich ggfs. im Vergleich zu Dinkelteigen, weil bei Weizen die Gärtoleranz größer ist und Reifezeiten (Stockgare und Stückgare) tendenziell ausgedehnter sind.
Beispiel eines Dinkel-Artisanbrot
Weizenmehl/Dinkelmehl gegen Roggenmehl tauschen
bei Roggenmehl sieht das schon ganz anders aus. Roggenmehl hat kein oder kaum Gluten, sondern nur Pentosane (Schleimstoffe) und bildet statt eines Teiggerüsts eher eine Art Schaum. Roggenmehl schluckt mehr Wasser, muss eher gemischt, statt geknetet werden und braucht mehr oder weniger zwingend einen Sauerteig um aufzugehen und um ein leckeres Brot zu ermöglichen. Ich empfehle generell nicht weizenlastige Mehle im Brot durch Roggenmehl zu ersetzen. Das Ergebnis ist völlig anders und die Zubereitung ebenso. Dann lieber doch ein auf Roggen eingestelltes Rezept setzen. Das erspart dir Fehlschläge und Nerven.
Roggenmehl durch weizenartige Mehle ersetzen
Andersherum ist es ebenso sinnfrei: Ein Teig, der vor allem Roggenmehl beinhaltet, sollte nicht mit Weizen oder Dinkelmehl betrieben werden. Es macht nur dann Sinn Roggen mit Weizen oder Dinkel zu ersetzen, wenn der Roggen nur in sehr kleiner Menge im Rezept eingesetzt wurde. Wenn beispielsweise 10% Roggenanteil im Brot sind, funktioniert auch das Ersetzen des Roggenmehls durch andere Mehle. Die Anforderungen ans Kneten und spätere Aufarbeiten ist trotzdem etwas anders (meist einfacher, wegen des Glutens in anderen Mehlsorten). Das Ergebnis sicherlich auch! Unterschätze nicht die Wirkung von 10% Roggenanteil in einem ansonsten weizenlastigen Brot. Lässt du diesen dann einfach weg, wird das Brot ganz anders schmecken. Je höher der Roggenanteil war, der ersetzt wurde, desto größer der Unterschied später im Backergebnis.
Beispiel eines Brots mit kleinem Roggenanteil:
Weizen/Dinkel/Roggen durch Pseudogetreide-Mehle oder glutenfreie Mehle ersetzen
Pseudogetreide bezeichnet Pflanzenarten, deren Samen ähnlich wie Getreide genutzt werden, die botanisch aber nicht zu den Süßgräsern gehören, zu denen klassisches Getreide wie Weizen, Roggen oder Hafer zählt. Obwohl sie kein „echtes“ Getreide sind, werden sie aufgrund ihrer Verwendung und ihrer Nährstoffeigenschaften oft wie Getreide behandelt.
Die bekanntesten Pseudogetreide sind:
Quinoa: Ursprünglich aus den Anden in Südamerika stammend, ist Quinoa für seinen hohen Eiweißgehalt und seine vollständigen Aminosäurenprofile bekannt. Es ist glutenfrei und hat einen leicht nussigen Geschmack.
Amaranth: Dieses Pseudogetreide stammt ebenfalls aus Südamerika und wurde schon von den Azteken kultiviert. Amaranth ist reich an Proteinen, Ballaststoffen, Eisen und Magnesium. Es ist auch glutenfrei und hat einen milden, leicht süßlichen Geschmack.
Buchweizen: Trotz seines Namens hat Buchweizen nichts mit Weizen zu tun. Er ist glutenfrei und liefert wichtige Nährstoffe wie Magnesium, Kupfer und Mangan. Buchweizen hat einen kräftigen, leicht nussigen Geschmack und wird oft in Pfannkuchen, Brot oder als Beilage verwendet.
Pseudogetreide ist besonders bei Menschen beliebt, die auf Gluten verzichten müssen oder wollen, und es bietet eine wertvolle Alternative zu klassischen Getreidesorten. Zudem sind sie oft reich an Proteinen, Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen, was sie zu einer gesunden Ergänzung der Ernährung macht.
Im Brot machen sie allerdings Probleme, weil sie eben kein Gluten haben und daher sehr schwer zu einem vernünftigen Brot verbacken werden können (nur durch spezielle Tricks und Rezepte für glutenfreie Brote). Nur in kleinen Mengen werden sie in der Regel eingesetzt (zB 5-10% der Mehlmenge als Kochstück) und können hier auch die klassischen Mehlsorten ersetzen und Broten eine neue Note geben. Mehr als diese Menge und anders als in dieser Form würde ich Pseudogetreide nicht einsetzen bzw. andere Mehle damit ersetzen. Ausnahmen sind Kastenbrote mit sehr hohem Korn- und Saatenanteil, der durchaus durch Pseudogetreide ergänzt oder ersetzt werden kann.
Im Brot Mehle mit glutenarmem Getreide ersetzen
Glutenarme Getreide sind gut für Menschen, die ihren Glutengehalt in der Ernährung reduzieren möchten. Zu nennen wäre hier vor allem Hafer und Gerste. Auch Dinkel hat etwas weniger Gluten, würde ich aber nicht in dieser Kategorie nennen. Hafermehl und Gerstenmehl ist mehr oder weniger zu behandeln wie glutenfreies Mehl. Es ist kaum möglich damit ein lockeres und luftiges Brot zu backen, wenn der Anteil daran am Gesamtmehl sehr hoch ist. Ich würde Hafer und Gerste vor allem als Kochstück einsetzen. Auch im Sauerteig können diese beiden Getreidesorten anteilsmäßig eine neue Note bringen. Mehr als 10% Anteil machen aus meiner Sicht wenig Sinn und in bestehenden Rezepten macht der Tausch von Weizen oder Dinkel durch Hafer oder Gerste genau so viele Probleme wie Roggen. Auch hier sind Kastenbrote mit viel Körnern, Saaten und Kernen alternative Brotformen, in denen glutenarme Getreidesorten gut eingesetzt werden können.
Mehle mit Urkorn-Mehlen ersetzen
Urkorn-Mehle sind in der Regel nicht so backfähig wie modernere Mehlsorten. Einkornmehl, Emmermehl und auch Kamut-Mehl (und zum Teil Dinkelmehle): All diese Mehlsorten nehmen weniger Wasser auf, bilden ein schwächeres Teiggerüst und fordern mehr von BäckerInnen. Gerade Einkornmehl ist wirklich herausfordernd. Ein luftiges Brot damit zu backen ist kaum möglich, das Ergebnis geht eher Richtung Roggenbrot (sehr feine Krume). Bei Emmer ist schon mehr drin und ein Teil von Weizen kann durchaus auch durch Emmer ersetzt werden, ebenso sieht es mit Kamut (Khorasan) aus.
Versteh mich nicht falsch: Natürlich kannst du damit leckere Brote backen und du kannst auch Brote aus 100% Urkornmehl backen, das mache ich auch ab und an und ich liebe die Ergebnisse. Aber: Es geht ja hier darum, ob das Brotback-Ergebnis am Ende ähnlich wird wie mit dem ursprünglich gedachten Mehl und das ist in der Regel nicht der Fall. Urkorn-Mehle untereinander wiederum können durchaus ersetzt werden. Also beispielsweise Einkornmehl durch Emmermehl ist gar kein Problem.
Du siehst, es ist nicht so einfach möglich Mehlsorten untereinander zu ersetzen, außer es handelt sich um weizenlastige Mehlsorten mit ähnlichem Glutengehalt. Nur so kannst du recht sicher gehen, dass du ein backfähiges Brot produzierst. Profis unter den HeimbäckerInnen können Grenzen ausreizen, AnfängerInnen sollten hier eher konservativ vorgehen.
Typenmehle untereinander ersetzen
Wie sieht es damit aus, die Mehltype beim Brotbacken zu ersetzen? Mal angenommen in einem Brotteig sind 100% Weizenmehl Typ 550 verbacken und du möchtest mit Typ 1050 ersetzen. Faktisch bedeutet das, dass dein Mehl mehr Schalenanteil hat und das es mehr Wasser aufnehmen wird. Du solltest beim Kneten mit der gleichen Menge Wasser starten und am Ende so viel Wasser noch einkneten, bis die gleiche Konsistenz erreicht ist wie im Ursprungsrezept vorgesehen. Es ist von Vorteil, wenn du das Rezept schon mal mit dem Original Mehl zubereitet hast und somit auch weißt, wie die Teigkonsistenz sein soll.
Die Krume wird in diesem Fall vermutlich feiner sein, weil je mehr Schalenanteil, desto feiner wird die Krume. Grundsätzlich klappt es also hier eine Veränderung durchzuführen. Anders herum klappt das genau so, nur dass du dann Wasser abziehen musst aus dem Rezept, wenn du von höheren Typen Mehlen auf niedrigere Typen Mehle umstellst. 10-15% Wasser zu Beginn mal wegzulassen ist immer eine gute Ausgangslage. Nachschütten geht ja immer!
Grundsätzlich gilt aber auch hier: Das Brot wird anders aussehen, es wird anders schmecken und der Teig wird sich beim Kneten und beim Formen anders verhalten, wenn du Schalenanteil weg nimmst oder dazu gibst.
Helles Weißbrot mit Typ 550 Mehl
Dunkleres Typ 1050er Brot
Brotbacken: Auszugsmehl mit Vollkornmehl ersetzen
Ganz krass ist das natürlich wenn du Auszugsmehle durch Vollkornmehle ersetzt und umgekehrt. Vollkornmehle schlucken viel mehr Wasser und sorgen für recht feine Krumen. Ich empfehle nicht von sehr niedrigen Typenmehlen auf Vollkorn zu wechseln und umgekehrt. Es sei denn, es handelt sich um einen kleineren Anteil (wenn zB nur 10% Vollkornmehl im Rezept enthalten ist, könnte dieser Anteil auch durchaus mit anderen Mehltypen ersetzt werden->etwas weniger Wasser im Teig vorausgesetzt). Teige (und auch Sauerteige) reifen übrigens mit Vollkornmehl schneller. Das solltest du beim Tauschen beachten.
Hier ein Beispiel für ein leckeres Vollkornbrot
Deutsche mit ausländischen Mehlen ersetzen
Es gibt Mehlsorten bei uns, die es auch in anderen Ländern gibt. Dort heißen sie nur anders. Allerdings gibt es nicht immer alle Mehl-Typen und Kornsorten in allen Ländern und daher musst du darauf achten, dass du korrekt ersetzt. So gibt es in Österreich zum Beispiel nur ein Weizenmehl W700, statt 550. Und in der Schweiz gar keine Typenzahlen, nur ein Weißmehl oder Halbweißmehl.
In Frankreich gibt es sehr ähnliche Typen, in Italien auch. Hier habe ich dir zusammengestellt, welche Mehle du durch welche ausländischen Mehlsorten tauschen kannst. Hier gilt zu beachten: Mehlsorten im Ausland haben oft andere Fähigkeiten: Sie sind dann entweder deutlich backstärker oder backschwächer. Biomehle aus Frankreich aus der Steinmühle haben ganz andere Wasseraufnahme-Qualitäten als italienische oder deutsche oder gar amerikanische Mehle. Hier musst du viel experimentieren und im Zweifelsfall konservativ mit der Wassermenge sein. Wenn das ausländische Mehl sehr viel Protein/Eiweiß/Gluten hat und somit sehr backstark ist, verlängern sich ggfs. Reifezeiten und mehr Wasser ist nötig.