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Mit diesen 18 Tipps kannst du ein mildes Brot backen

Es gibt Menschen, die stehen total auf sehr säurelastige Brote. Aber da gibt es natürlich auch viele Menschen, die ihr Brot lieber recht mild essen. Die Säurenote darf dann nicht zu sehr ausgeprägt sein. Wenn du selbst dein Brot bäckst, helfen dir diese 20 Tipps dabei zu steuern, dass dein Brot nicht zu sauer wird. Egal ob Sauerteigbrot oder Hefebrot.

Beispiel für ein mildes Brot: Das Haferflockenbrot

Woher kommt die Säure im Brot?

Zuerst sollten wir klären, wo die Säure im Brot eigentlich herkommt? Natürliche Mikroorganismen finden bei der Verbindung von Mehl, Wasser (und in gewissem Maße auch Wärme) ideale Bedingungen, um sich zu vermehren. Dabei spielen vor allem Milchsäurebakterien (Lactobacillaceae) und Hefen eine Rolle, weil diese im Teiggemisch dominieren. Sie ernähren sich von den Kohlenhydraten im Teig und produzieren CO2 (was den Teig aufgehen lässt) und auch Milchsäuren. Unter bestimmten Bedingungen werden neben Milchsäuren auch Essigsäuren produziert. Aus Teig wird der sogenannte Sauerteig und die Säurenote ist vor allem bei Sauerteigbroten ein zu steuernder Faktor.

Kann Hefebrot sauer werden?

Normalerweise werden Hefebrote nicht sauer, außer der Teig dafür ist zu lange gereift und fermentiert. Die Milchsäuerbakterien hatten dann viel Zeit Milchsäure zu produzieren und das Brot erhält einen sauren Charakter. Meist ist das Brot am Ende auch kein Hochgenuss mehr, weil der Teig zu lange gereift ist und das Teiggerüst bereits abgebaut hat. Außer es wurde absichtlich eine lange, kalte Gare eingeplant. Ebenso kann ein lange gereifter Vorteig (wie zB eine Biga; Beispiel Biga-Brot) für Säurenoten sorgen. Diese lange gereiften Vorteige entwickeln Charakteristiken eines Sauerteigs. 

Milde Sauerteigbrote

Es betrifft vor allem Sauerteigbrote, wenn man die Säure in einem Brot reduzieren möchte. Und dass es auf verschiedene Stellschrauben ankommt, wenn das Sauerteigbrot milder werden soll, erkläre ich dir jetzt.

Beispiel für ein mildes Sauerteigbrot: Das Tartine Italienne

Sauerteig mild führen

Dein Sauerteig ist der Säuregeber für dein Brot. Hast du einen sehr sauren Sauerteig im Einsatz, helfen dir die besten Tipps nichts um dein Brot milder zu machen. Das heißt, auch dein Sauerteig sollte schon mild sein, noch bevor er ins Brot kommt. Ein sehr saurer Sauerteig hat einen Überschuss an Milchsäurebakterien bzw. haben diese schon viel Milchsäure und ggfs. auch Essigsäure produziert. Und wenn die Milchsäurebakterien sogar nennenswert Essigsäure produzieren (heterofermentative MSB), wird es Zeit den Sauerteig umzuerziehen oder anders zu führen.

Lass deinen Sauerteig nicht zu lange reifen. Stell ihn jünger wieder in den Kühlschrank. Lass ihn kurz und warm reifen, so dass er schneller fertig ist. Das fördert die Hefen und hält die Milchsäurebakterien im Zaum. Schnell und warm ist also der Trick, wie du deinen Sauerteig und dein Anstellgut als Solches mild bekommst. Füttere zum Beispiel regelmäßig (mind. 2x die Woche):

5g Anstellgut
25g Mehl
20g Wasser
für 5-7 Stunden
im Raum bei ca. 22 Grad

Das hält ihn relativ mild. Und wenn du dann noch darauf achtest, nicht nur mit Vollkornmehl zu füttern, kann gar nichts schief gehen. Ich verwende helles Mehl mit 10% Anteil Vollkornmehl.

Jungen Sauerteig verwenden

Wenn du deinen Sauerteig früher in den Hauptteig gibst, dann ist er noch recht mild. Er sollte nicht total unreif sein, aber eben nicht zu reif. Je länger er reift, desto eher werden die Säuren ausgeprägt. Allerdings solltest du dann in einem Backversuch prüfen, ob du noch etwas Hefe-Unterstützung geben musst (z.B. 1g Schisser-Hefe). Weil ggfs. die Triebkraft noch nicht am Maximum angekommen ist. Den richtigen Zeitpunkt zu erwischen ist die Kunst. Wenn der Sauerteig bereits in sich zusammenfällt, ist es definitiv zu spät für ein sehr mildes Brot und die Triebkraft leidet.

Im Rezept angegebene Sauerteige anders führen

Egal ob es die regelmäßige Fütterung ist oder aber der eigentliche Sauerteig, der dann ins Brot kommt. Ihn schnell und warm zu führen, zügelt die Säuren. Ist im Rezept angegeben, dass der Sauerteig über Nacht über 16 Stunden reift, kannst du alternativ versuchen ihn früh morgens erst anzusetzen und dafür wärmer zu führen. Du kannst ihn dann bei 30 Grad (zB auf dem WLAN Router oder in einem Gärautomaten) doppelt so schnell reifen lassen. Pro 5 Grad mehr, halbiert sich die Reifezeit. So ist der Sauerteig dann evtl. schon nach 4 Stunden fertig. Wenn du um 6 Uhr angefangen hast, kann der Sauerteig um 10 Uhr in den Hauptteig. Genug Zeit das Brot noch fertig zu bekommen. PS: Das ist eher für weizen- oder dinkellastige Brote eine Idee. Roggenbrot lebt von mehr Säure und der Sauerteig wird hier eher länger geführt.

Sauerteig häufiger füttern

Selten gefütterte Sauerteige bzw. Anstellgüter, erhalten einen sauren Charakter. Durch die lange Reife vor der nächsten Fütterung werden die Säuren stark ausgeprägt bzw. produziert. Je häufiger du fütterst, desto milder wird der Sauerteig. Ich füttere 4-5x wöchentlich. Mein Sauerteig ist dadurch relativ mild.

Lievito Madre nutzen

Der LM ist ein italienischer Sauerteig. Er wird fest (Hydration von 50%) und warm geführt und wird vor allem für helle und auch süße Rezepte verwendet. Wenn du dauerhaft einen LM nutzt, hast du in der Tendenz mildere Brote. 

Beispiel für ein mildes Brot mit Lievito Madre: Das Pane di farina bianca

Etwas Hefe statt viel Sauerteig

Wenn du etwas Hefe deinem Brot zusetzt und dafür weniger Sauerteig verwendest, reift das Brot schneller und es sind schon von Haus auf weniger Säuren im Spiel. So hast einen anderen Charakter des Brotes erreicht, weniger Säure, ggfs. mehr Ofentrieb und Krumenstruktur, luftiger und einfach milder.

Mehr Anstellgut verwenden

Jetzt da du weißt, dass das schnellere Reifen von Teig weniger Säuren (dafür mehr Hefen) produziert, kannst du mit der Menge des Anstellguts im Sauerteig spielen. Wenn du in einem Rezept 10% Anstellgut hast, reift der Sauerteig beispielsweise 16 Stunden. Mit der doppelten oder dreifachen Menge Anstellgut reift der Sauerteig viel schneller heran und wird weniger sauer werden. Wichtig ist, dass du dann die Reifezeit entsprechend verkürzt. Wenn du mit mehr Anstellgut trotzdem 16 Stunden Reifezeit einhalten würdest, erreichst du genau das Gegenteil: Das Brot wird saurer.

Auf die Raumtemperatur achten

Du solltest zu niedrige Temperaturen im Raum und Teig vermeiden. Je niedriger, desto mehr Essigsäure wird produziert. Je wärmer der Teig (steht), desto weniger Säuren werden produziert, weil der Teig dann schneller fertig sein wird. Du kannst die Temperatur steuern durch: Wärme des Schüttwassers, Temperatur des Mehls, Raumtemperatur. Meine Teige reifen in der Regel bei 20-22 Grad (im Sommer evtl. wärmer). Wenn deine Teige bei 15 Grad reifen würden, würde die Reifezeit sehr lange dauern und die Milchsäurebakterien würden wieder die Oberhand gewinnen.

Bei Roggen: Monheimer Salzsauerteig

Beim Monheimer Salzsauerteig produziert man einen Sauerteig, der durch einen gewissen Salzanteil vor allem die Produktion der Milchäurebakterien hemmt, dabei aber die Hefen nicht reduziert. So kannst du ein Roggenbrot mit einer nur leichten Sauerteig-Note backen.

Tipps für beide Brotarten: Hefebrote und Sauerteigbrote milder bekommen

Es gibt Tipps, die für beide Brotarten relevant sind, um mit der Säurenote zu spielen und um möglichst milde Brote zu erreichen. Wenn also auch dein Hefebrot zu sauer wird, kannst du mit den folgenden Tipps gegensteuern.

Beispiel für ein mildes Hefe-Brot: Das Guten-Morgen Brot

Zucker oder Honig im Teig

Gib eine kleine Menge Zucker oder Honig in deinen Teig. Dies gibt der Hefe Nahrung, sorgt für schnellere Reife und trägt zur Entwicklung eines milden Geschmacks bei. 10-20g pro 1000g Mehl sollten ausreichend sein. Alternativ kannst du auch Rübensirup oder Melasse verwenden, was auch einen leicht färbenden Effekt hat.

Warmes Wasser im Teig

Verwende warmes Wasser, um die Hefe zu aktivieren. Das Wasser sollte dann zwischen 40°C und 43°C warm sein, damit die Hefe sich verstärkt vermehren und dein Teig einen milden Geschmack behalten kann. Ich persönlich arbeite mit dieser Methode allerdings nie. Eine gewisse Reifezeit ist immer gut für Aromen und Verträglichkeit.

Übergare vermeiden

Einer der wichtigsten Tipps für milde Brote: Lass deine Teige nicht zu lange stehen. Wenn sie überreif werden, leidet nicht nur das Glutengerüst (Brot geht dann auch nicht mehr schön auf und wird flacher und weniger voluminös), sondern sie werden auch saurer. Es ist immer ein Drahtseilakt die richtige Reifestufe zu erwischen. Gerade bei Broten, die über Nacht im Raum reifen, rutscht man gerne mal in die Übergare.

Heller backen

Eine dunkel ausgebackene Kruste verstärkt generell das Aroma deines Brots. Je heller du dein Brot bäckst, desto milder wird es daher. Allerdings ist dieser Tipp sehr stark davon abhängig, ob du helle und ggfs. auch weichere Brote bevorzugst. 

Keine kalte Übernacht-Gare

Ein Brot, welches du noch am selben Tag bäckst, an dem du auch den Hauptteig angesetzt hast, kann milder werden. Vorausgesetzt du erwischt die richtige Reifestufe. Der Teig reift dann kürzer und dafür wärmer. In der kalten Übernachtgare (die für mich trotzdem das Optimum darstellt: wegen Aroma, Verträglichkeit, Krumenstruktur) wird tendenziell die Säure etwas gepusht. Vor allem dann, wenn mehr als 10% der Mehlmenge versäuert wurden. Wenn du die kalte Übernacht-Gare nutzt, setze einen sehr milden Sauerteig ein. Das gleicht die lange Reife und dadurch mögliche Säurebildung aus.

Übernachtgare im Raum vermeiden

Die Übernachtgare im Raum ist gefährlich. Du überlässt über viele Stunden deinen Teig der warmen Reife. Hefen und Milchsäurebakterien haben sehr lange Zeit sich zu vermehren und auszutoben. Aus meiner Erfahrung sind Brote mit Übernachtgare im Raum selten die beste Wahl. Die Temperatur und Hefemenge muss exakt stimmen. Gar nicht so einfach das immer hinzubekommen.

Frische Zutaten verwenden

Verwende frisches Mehl und frische Hefe oder Sauerteig. Alte Zutaten können dazu führen, dass das Brot saurer wird. Beispiel: Alte Hefe fermentiert ggfs. langsamer. Die Milchsäure kann so wieder verstärkt werden.

Höhere Feuchtigkeit im Teig

Eine höhere Hydration im Teig scheint die Säure im Teig zu hemmen. Festere Teige neigen eher zu Säure. Generell sind Brote mit höherer Hydration (>70%) zu bevorzugen. Aus diversen Gründen, wohl aber auch wegen der Säure.

Helleres Mehl verwenden

Vollkornbrote können eine gewisse Säure aufweisen, da Vollkornmehl mehr Nährstoffe und Enzyme enthält, die während des Fermentationsprozesses in Säure umgewandelt werden können. Das kann dazu führen, dass Vollkornbrote eine leichte Säurenote aufweisen.

Weizen statt Roggen verwenden

Ein Roggenmehl führt immer zu einem saureren Brot, als ein Weizenmehl. Vor allem, wenn es um den Sauerteig geht. Ein Roggensauer ist in der Regel deutlich saurer, als ein Weizensauer. Du kannst also statt einem Roggensauer daheim einen Weizensauer führen und verwenden und schon wird dein Brot dadurch milder. Arbeitest du dann noch mit den schon angesprochenen Parametern: Zeit, Hydration und Wärme…kannst du richtig milde Brote backen.

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6 Antworten
  1. Hannes

    selten eine so gute Zusammenfassung zum Thema gelesen, danke dafür, ich kann so gut wie alles nur bestätigen. Übernachtgare bei Raumtemperatur habe ich noch nie probiert, funktioniert womöglich auch nur bei Roggensauerteig, es gibt für mich kein verstellbares Szenario bei dem meine Brote nicht völlig drüber wären.

    Mein Weizensauerteig wird 3x die Woche gefüttert, falls ich mal kein Brot backe werden aus dem Ansatz Pancakes, süß wie salzig(sauer) stellen sie eine leckere Abwechslung dar.

    Beim „umerziehen“ zu Lievito habe ich mit etwas Honig im Sauerteig gute Erfahrungen gemacht, der sollte zwar nur zu Beginn verwendet werden hat sich jedoch als Dauerzugabe etabliert. Was hältst du davon? Meine luftigen mediterranen Weizensauerteigbrote bekommen sowieso immer 2% Honig.

    Von den 50% Wasser beim Lievito bzw. 100% beim klassischen Sauerteigansatz bin ich aktuell mit 70-80% Feuchtigkeit genau dort wo auch die Brote sind. Das funktioniert für mich einfach am besten.

    1. René von brooot.de

      Hallo Hannes, ÜNG im Raum geht auch mit Weizensauer und auch mit Hefe. Es ist einfach die exakte Dosierung des Triebmittels in Kombi mit der richtigen Temperatur der Schlüssel. Honig kannst du verwenden, dann werden die Hefen aktiver. Grundsätzlich braucht man ihn aber nicht. Die Mikroorganismen erhalten schon ausreichend Futter über das Mehl.

  2. Anne

    Hallo,
    toll, das du deine Brotbacktipps mit uns teilst, vielen Dank!
    Ich habe eine Frage: Du schreibst: „Ich füttere 4-5x wöchentlich. “ Vielleicht backst Du ja mehr Brot als ich. Ich backe 4-6 Kastenbrote wöchentlich, nach Möglichkeit an einem Tag um den Ofen nicht so oft aufheizen zu müssen. Bisher füttere ich meinen Sauerteig 1x in der Woche 2 Tage vor dem Backen. Wenn ich öfter füttern würde müsste ich so viel Sauerteig entsorgen. Das möchte ich eigentlich nicht. füttere ich vielleicht zu viel oder falsch?
    1 gehäufter Tl ASG 50g Roggenmehl 50g Wasser. So hab ichs mal gelernt.

  3. Jürgen Dorschner

    Hallo René, das ist mal wieder ein toller Beitrag aus deiner Feder! Da werden mir gleich einige Ergebnisse meiner Backversuche transparenter.
    Für eine schnelle Sauerteig-Reife verwende ich ab und zu einen Thermobehälter, den ich mit warmen Wasser fülle und in den dann das Glas mit dem Sauerteig-Ansatz kommt. Verschlossen ist der Sauerteig dann nach 4-5 Stunden fertig und hat ein herrlich mild-würziges Aroma.
    Jetzt habe ich aber noch eine Frage, die etwas off-topic ist:
    welches Mehl verwendest du eigentlich um die Arbeitsfläche zu bemehlen?
    viele Grüße
    Jürgen

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Mein Name ist René und eigentlich würde ich mich niemals selbst als Bäcker bezeichnen. Aber für meine Familie bin ich „der Bäcker“. Und weil mir das Backen von Brot unendlich Freude bereitet, versuche ich hier für mich und andere eine Sammlung an Brotback-Wissen und vielen Rezepten zu schaffen. Viel Spaß damit!

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